Blatt #89 | KW 29/2020

Bewegende Wochen

Die Zuversicht fährt rauf, wankt, fährt runter, fangt sich, nimmt erneut Anlauf... Das ist derzeit eben nicht zu ändern. Planungssicherheit bleibt Mangelware. Geld ist knapp. Haben wir da keine anderen Sorgen als uns mit alten Autos und Motorrädern zu befassen?

Falsch gefragt! Gerade in diesen Zeiten der unsichtbaren Bedrohung durch Corona und durch die harten Lockdown-Konsequenzen sind wir gefordert, um das Gelingen eines ganzen Lebens zu ringen, nicht bloß um Teilbereiche.



Unimog der Baureihe 411 bei den Alltagsklassikern

Das bedeutet freilich, um das ökonomische Überleben zu kämpfen. In aller Vielfalt der Professionen. Da sind viele stark unter Druck geraten. Das bedeutet aber auch, Sinnfragen nicht zu ignorieren und Freude zu finden, damit einem das Ringen ums Lebensnotwendige besser gelingt.

Ich hab hier gerade drei Blätter zum Saturday Night Cruising der Alltagsklassiker angebracht. Arbeitsgespräche. Know how-Transfer. (Es geht um Detailwissen und Handfertigkeit.) Das Kramen in Archivmaterial. Es ist in Summe ein Stück Geselligkeit, zugleich ein Stück Wissens- und Kulturarbeit.



Gelebte Oldtimerei: Gottfred Lagler

Manches kommt auch wesentlich stiller zur Sache. So habe ich gerade Gastwirt Gottfried Lagler besucht, der ein Schrauber und Sammler ist, auch ein Repräsentant der ÖGHK = Österreichische Gesellschaft für historisches Kraftfahrwesen. Wir haben über die Pläne gesprochen, welche er mit seiner Puch 220 hat. Aber auch über Hintergründe.

Sein Großvater Bauer, sein Vater Arbeiter, er nun Unternehmer. Eine bemerkenswerte Geschichte, in der allerhand Details begründet sind, die heute einerseits eine Basis für seinen Betrieb ergeben, andererseits für seine Sammelleidenschaft. Der Angelpunkt bei all dem: ein achtsamer Umgang mit den Dingen und eine kluge Nutzung von Ressourcen.

Mein Treffen mit Manuel Wutti zielte darauf, daß es mit dem Magazin weitergehen soll. Wutti hatte gerade erst die Neuauflage des Puch Club Magazins geschafft, die erste Ausgabe auf den Markt gebracht, da knickte Corona den Lauf der Dinge und ließ natürlich auch geschäftliche Zusammenhänge einbrechen.



Manuel Wutti mit Archivalien von Ferdinand Micha Lanner

Ich denke, ich hätte vor Wut alles hingeschmissen. Risiko übernehmen, Geld einsetzen, dazu all den Unmut abarbeiten, den der vorige Besitzer des Magazins in der Szene verursacht hatte, und dann fliegt einem das ganze Unternehmen im Corona-Lockdown um die Ohren. Das ist entsetzlich deprimierend.

Aber Wutti tickt anders. Er hat seinen Plan überarbeitet. Wir haben die nächste Ausgabe besprochen. Wenn es nicht mit dem Teufel zugeht, wird die Anfang September da sein. (Ah ja! Das war auch der Anlaß für meinen Besuch bei Lagler, denn seine 220er ist Thema fürs kommende Heft.)

Apropos Heft! Garagenliebling Gerhard Szamuhely, der diesmal mit dem Lancia Beta H.P.Executive beim Saturday Night Cruising auftauchte, hat mir wieder einige alte Magazine überlassen. Originalmaterial aus den 1950er und 1960er Jahren. Ich werden nun eine neue Idee für mein eigenes Archiv brauchen, daß es meinen Wohnraum nicht völlig überlagert. (Wie sagte Karl Lagerfeld? Sammeln ist toll, besitzen ist grauenhaft.)



Post von Michael Kuhn: die neue Ausgabe von "Thondorf"

Apropos Archiv! Ich bin nun intensiver mit Material von Ferdinand Micha Lanner befaßt. Der Steyr Diamant im vorigen Eintrag ist ein Beispiel dafür. Ich weiß schon, viele Menschen wollen auf Anhieb nicht einsehen, welchen Sinn die Arbeit an unserer Geschichte macht, auch am Sichern von Dokumenten, am Ordnen von Wissen aus vergangenen Jahrzehnten.

Ich erwarte dieses Verständnis auch gar nicht, zumal von Leuten, die womöglich jede Woche dringend auf Freitag nachmittag warten, um nach ihrer Hackn endlich ein Leben zu haben. Ich habe sieben Tage die Woche ein Leben im Umgang mit inspirierten Menschen und spannenden Inhalten.

Ah ja! Post aus Deutschland. Michael Kuhn und der Steyr-Puch Freundeskreis sind rege. Die neue Ausgabe des Magazins „Thondorf“ ist da. Ein dickes Heft. Einen guten Teil der alten Ausgaben finden Sie als kostenlos downloadbare PDF-Dateien auf der Website: [link]

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