Blatt #94 | KW 30/2020

Mopedismus IV

Kleine Stilkunde

[Vorlauf] Das Puch Maxi wurde quer durch Europa zu einer beliebten technischen Basis für teils abenteuerliche Modifikationen. Bei uns zeigt sich das aber in der aktuellen Vielfalt erst seit wenigen Jahren. Vor allem junge Leute demonstrieren dabei eine Fröhlichkeit, über die sich ältere Jahrgänge gelegentlich ärgern. Das läuft also richtig, denn die Jungen sind nicht dazu da, so wie wir zu ticken.



Ein möglicher Ausgangspunkt: Standard-Maxi
vor einer Puch M 125

Ich bin Jahrgang 1956. Das bedeutet, die Stangl-Puch war schon auf dem Markt, 57 kam das Puchschammerl dazu, 59 der Hafi. Insgesamt gilt: Anfang der 1960er Jahre rollte die Volksmotorisierung Österreichs an.



Nur das Nötigste (stripped): abgeräumtes Starrheck-Maxi

Dabei spielten Mopeds eine bedeutende Rolle. Das wirkt bis heute. Burschen wie ich waren freilich auf Motorräder scharf. Ein Lehrlingsgehalt reichte bloß für altes Gerät. Zum Glück gab es davon genug. Das ging schon los, bevor wir Führerscheine hatten. (Ja, illegal.) Man kaufte für ein paar Hunderter, was sich ergab, und riß von der Maschine alles runter, was einem unnötig erschien.

Das wäre schon eine grundlegende Kategorie motorisierter Subkultur: das Stripped Motorcycle, das abgeräumte Eisen. Wer aber das Talent zum Schrauber hatte, riß nicht bloß was runter, sondern baute auch was rauf. Modifizieren: Customizing.



Patziges Statement: Maxi im Bobber-Stil

Das simple Motiv: durch so eine Arbeit sah die Reixn dann nicht mehr altbacken aus, obwohl sie ja alt war. Beispielsweise: das vordere Kotblech überhaupt weg, das hintere verkürzt, so daß ein möglichst fetter Hurf (Huf, Patschen, also Reifen) gut zu sehen war, Nummerntafel und Lampenset darüber gesetzt. Dazu vorne eine anderer Scheinwerfer, neckische Rückspiegel, paßt! Ein Bobber.

Das fette Hinterrad deutete an: ich hab wahrscheinlich einen sehr starken Motor; ganz egal, ob das auch zutraf. War das Triebwerk tatsächlich frisiert, also in der Leistung gesteigert, hätte man bei einem Auto von einem Hot Rod gesprochen.



Cafe Racer oder wirklich schnell? (Auf jeden Fall gut zu hören.)

Manch einer ließ mit aufwendigen Anbauteilen sein Mopperl wie eine reinrassige Rennmaschine aussehen, hatte aber bloß eine verkleidete Gurke, einen Cafe Racer. Wer dagegen handwerklich fortgeschritten war und die Zulassungsbehörde nicht fürchtete, ergänzte das Customizing um das Abschneiden des Lenkkopfes.

Der wurde dann im flacheren Winkel wieder eingesetzt, damit eine lange Gabel Platz fand, aber der Rahmen nicht nach aufstieg. Ein Chopper. Wem das zu auffällig war, auch wenn er so einen Look schätzte, der verzichtete auf lange Gabeln, eventuell auch auf den hohen Lenker (Apehanger).



Polierte Perle: das Maxi als Cruiser

Man kombinierte einfach, was möglich schien, behielt aber zur Orientierung alte amerikanische Eisen im Blickfeld, Harleys und Indians. Das hat dann auch die Industrie anzubieten gewußt, was uns die Cruiser bescherte. Aus dieser kommerziellen Ecke kamen schließlich die „Soft-Chopper“, was Mumpitz ist, denn entweder hat das Teil eine ordentliche lange Gabel und ein paar andere Stilelemente, ist also ein Chopper, oder es ist ein Cruiser, seltener ein Bobber.



Eher keine Chance auf eine Straßenzulassung:
das Maxi als Chopper

Das zur groben Orientierung, denn mir gefällt sehr, wie sich die Jungen ins Zeug hauen, ihre technischen und handwerklichen Kompetenzen verfeinern, teilweise etwas irre Geräte bauen. Wer weiß, wie lange es diese Werkstücke noch geben wird und Handwertigkeit auf die Art geübt werden kann.

Es ist jedenfalls ein Stück Volkskultur in der technischen Welt, bei der sich die Aktiven von außen nichts dreinreden lassen wollen. Man sieht an diesen Puch Maxis, da hat sich auch der Wirtschaft noch nicht draufgesetzt. Was da an Custom-Maxis läuft, gibt es nicht als Serienmodell im nächsten Schaufenster. [Fortsetzung]

-- Das Rennen --

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