9. Mai 2025
Die richtigen Fragen suchen
Gestern war der Tag, an dem vor 80 Jahren das Nazi-Regime
aufgeben mußte, weil seine Heerscharen militärisch
geschlagen waren. Also bin ich ins Kino gegangen. Das
Programm haben wir selbst gemacht. Regisseur Fritz Aigner
und ich, Schulter an Schulter mit einigen inspirierten
Menschen.
Der zeitgeschichtliche Filmabend mit
Diskussion war einem Ansatz gewidmet, darüber zu reden, wie
wir vom „Du sollst!“ zum „Ich werde!“ kommen. Deshalb kein
Fragezeichen hinter dem Titel des Abends „Gedenken: Was zu
tun!“, sondern dieses Rufzeichen.

Wir waren uns im Podiumsbereich einig, daß der neue
Kalte Krieg nicht erst kommt, sondern schon da ist.
Die Debatte nach den beiden Aigner’schen
Dokumentarfilmen hat mir deutlich gemacht, wie
dringend Diskursbedarf besteht, damit in unserer
Gesellschaft mehr Leute diesen speziellen nächsten
Schritt finden können, der ihnen einen persönlichen
Weg aus der Ratlosigkeit heraus weist. Damit
meine ich, es nützt ja nichts, anderen etwas
zuzurufen. Dieses „Du sollst!“ ist billig und
trügerisch. Außerdem wird es manchen Leuten leicht
zu einem Kostüm, die eigene Ratlosigkeit zu
bemänteln. Dafür haben wir zwei prominente
Floskel-Gebilde im Arsenal. Stehsatz #1: „Nie
wieder!“ Stehsatz #2: „Warum lernen die
Menschen nichts aus der Geschichte?“

Ich bin kein Freund von Slogans,
übergehe also Stehsatz #1. Was Stehsatz
#2 angeht, ahne ich: Es ist die falsche
Frage, völlig ungeeignet, eine nächste
Erkenntnis zu bringen. Ich kenne ja eine
ganz schlichte Antwort: Menschen haben
Interessen. Alle Menschen. Und manche
davon verfolgen ihre Interessen mit
größter Rücksichtslosigkeit gegenüber
ihren Mitmenschen. Das führt
gelegentlich zu einer bewährten
Strategie: Mitmenschen werden erst
einmal zu Gegenmenschen erklärt und dann
zu Nichtmenschen. Das läuft mit
Ideologie, Propaganda und
Medienanwendungen. Folgt man kurz dieser
Überlegung, landen wir vielleicht dabei:
Wir müssen andere Fragen stellen!

Regisseur Fritz Aigner
Nein, die weiß ich noch
nicht; nämlich: „Was ist
nun eine treffende Frage?“
Dazu brauche ich die
Verständigung mit Anderen
und mit Andersdenkenden.
Weshalb? Unter anderem
deshalb, weil Information
und Wissen ganz verschiedene
Kategorien sind. Dazwischen
liegt Wissenserwerb. Das ist
eine höchst anspruchsvolle
Arbeit. Genau diese
Arbeit liegt spätestens dann
an, wenn uns schwant, daß
Stehsätze, Floskeln,
Parolen, daß uns Ideologie
eigentlich keinen Schritt
mehr weiter bringt. Ich
meine, es ist so weit.
Vielleicht fallen dabei
manche Leute in
Schreckstarre. Ich finde es
anregender, nun ins Tun zu
kommen. Und das beginnt
vorzugsweise mit der
Verständigung unter
Mitmenschen.
+)
Gedenken: Was zu tun!
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