20. Juni 2025

Debatten, Debatten, Debatten…


Ich muß zwischenzeitlich immer wieder raus ins Gestrüpp, um mich zu beruhigen, um einen anderen Klang in mir auszulösen. Momentan wächst alles wie verrückt. Die Gräser und die Brennesseln greifen nach mir, allerhand Ranken und auch Dornen geben mir Spuren in der Haut mit auf den Weg. Draußen denke ich anders als zuhause…

Vom vielen Denken bekommt man ein geschwollenes Hirn. Ich bin da keine Ausnahme. Es gilt als geklärt, daß unser Gehirn einen bemerkenswert hohen Energiebedarf hat. Das läßt sich sogar sichtbar machen. Intensive Denkprozesse verursachen eine Wärmeabstrahlung des Kopfes, die sich darstellen läßt.


Kunsthistorikerin Monika Lafer neigt augenzwinkernd zur Ansicht, daß so ein System von Natur aus dazu neigt, eine stabile Situation auf niederem Energielevel herzustellen. Damit ist man weit sicherer in der Welt als mit hohem Energieumsatz. Was das für unser Denken bedeutet, überlasse ich Ihren Schlußfolgerungen.

Dazu gibt es in der Umgangssprache übrigens ein nettes Wort: Blitzbirne. Das ist die etwas deutschere Version von unserem Blitzgneißer. Also jemand mit wachem Verstand, der schnell kapiert. Oder, bei ironischem Unterton, das genaue Gegenteil davon.

Wie schlau muß man eigentlich sein, um eine Vorstellung von Menschenwürde zu erlangen? Das geht selbstverständlich ganz ohne Matura, Universitätsstudium oder Workshops. Ich drehe den Gedanken um. Man müßte schon sehr verpeilt sein, um eine Kränkung nicht als kränkend zu erfahren, eine Demütigung nicht als demütigend. Wer das schafft, dieses Gefühl in sich zu erkennen, hat schon einen guten Ausgangspunkt, um seine Vorstellung von Menschenwürde voranzubringen.


Es gibt eine Redensart, die besagt: „Auch ein Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird“. Man müßte wohl in der eigenen Wahrnehmung sehr berauscht oder sehr beschädigt sein, um sogar dieses „Wurmstadium“ zu verfehlen. (Ich lasse jene aus meinen Betrachtungen draußen, die an der Demütigung Gefallen finden. Das ist ein ganz anderes Thema.)

Man wird zu dem Aspekt übrigens bei Friedrich Nietzsche fündig. In seiner „Götzen-Dämmerung“ steht unter „Sprüche und Pfeile“ diese Passage: „Der getretene Wurm krümmt sich. So ist es klug. Er verringert damit die Wahrscheinlichkeit, von neuem getreten zu werden.“


Die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist zwar kein Teil der österreichischen Verfassung, aber der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach klar gemacht, daß diese Charta ein bedeutendes Referenzsystem für die Auslegung und Anwendung der österreichischen Grundrechte ist. Eine Ahnung davon sollte Allgemeingut sein.

Wir müssen das also nicht erst diskutieren. Wenn Sie eine Vorstellung haben, wie sich eine Kränkung, eine Demütigung anfühlt, ist es bloß noch ein kleiner Schritt, um zu begreifen, was mit dem Wort Menschenwürde gemeint ist. Dann haben wir ein gemeinsames Koordinatensystem an Bezugspunkten, über die sich Ihr oder mein Verhalten beurteilen läßt. Sollten Sie das zwar für sich beanspruchen, anderen gegenüber aber als nicht bindend ansehen, weiß ich zumindest, mit wem ich es zu tun hab.

Postskriptum
Ich hab auf der Website von Kunst Ost eben eine neue Kolumne eingerichtet. Sie ist Teil des Komplexes "Rechtrsruck" und trägt den Titel "Mars", was schon andeutet, es geht mir da um das Thema Krieg: [Link]

+) Politik (Eine Debatte)


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