ak3: beiträge
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ulturelle kompetenz • medienkompetenz


 

Sabine Bauer
"Beseelte Objekte"

(Kommentar zum Umgang mit neuen Technologien)

 

[A] Intro

Die Schwelle, da Maschinen und im speziellen unsere omnipotenten Steuerungsmaschinen, die Computer, uns als unbeseelt erschienen, ist überschritten. Modernität mißt sich an dem Grad der Vernetzung, an der Steuerung und Streuung durch Computer. Sie sind in unserer Wahrnehmung und in unserer Sprache zu lebendigen Wesen mutiert, wir hingegen fühlen uns ihnen gegenüber kleiner, fehlbarer, unvollkommener, je lebendiger sie werden, je größer der Mythos von der rechnergesteuerten Vernunft uns verblassen läßt vor dem digitalen Interface der Zukunft. Computer werden als Metamedien bezeichnet, sie sollen uns im privaten wie öffentlichen Raum mit allen nötigen Arbeits- und Vergnügungsmitteln versorgen. Sie sind aber auch metaphysische Instanzen. Meist tragen die großen Rechner in den Rechenzentren die Namen von Frauen, von göttlichen Frauen - Iris, Aphrodite, Helena. Manchmal schleicht sich auch ein griechischer oder keltischer Männername ein wie Ares oder Merlin, deren Anrufung göttliche Wunder wirken soll. Nicht nur Männer, auch Frauen sprechen von ihnen immer öfters als ob der Computer ihr Du wäre. In ihren Namen offenbart sich schon die persönliche Wunsch-Beziehung, die wir unseren ausgelagerten Gedächtnismaschinen anvertrauen, für manche ist sie, die Maschine eine phantastische Erweiterung ihres Selbst, für andere ein Ding, mit dem sie sich notgedrungenermaßen anfreunden müssen, um weiter "up to date" für den Arbeitsprozeß zu bleiben. Dazu kam der neue "Hype", der mit dem Internet aufkam. Ob Zwang oder Spiel, es steuert auf dasselbe zu, nämlich auf die totale Vernetzung der gesellschaftlichen Sphären. Wir haben also den Punkt überschritten, wo Maschinen uns als artifizielle Objekte entgegentreten. Sie sind integraler Bestandteil unserer Lebenswelten. In diesem Punkt, so scheint es, läßt sich das Rad oder sagen wir besser das Chip der Zeit nicht mehr ersetzen. Bedrohlich und angsterregend steht aber noch die vorletzte Schwelle vor uns, das Schreckensgespenst, daß wir Teil der Maschinen sein sollen, hineinverwoben ins digitale Netz, versehen mit einem digitalen Ersatzteil, der uns eines Tages auffordern könnte: "Update your wetware."

Kritische Distanz
In den fünfziger und sechziger Jahren am Beginn der Entwicklung war die Sicht auf die neuen Formen der maschinellen Versklavung deutlicher, klarer, unverblümter. Der Philosoph Günther Anders und die Philosophin Hannah Arendt (1906-1975), die auch eine kurze Zeit verheiratet waren, schrieben zu dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. Arendt, die mehr die totalitären Strukturen der technischen Zivilisation herausarbeitete, Anders, der unsere emotionale Befindlichkeit im Begriff der prometheischen Scham eingefangen hat und der bis zu Letzt - er lebte bis 1992 - nicht davon abzubringen war, mit der Hand zu schreiben, um besser Distanz halten und das Neue verstehen zu können. Es ist empfehlenswert, ihre Bücher zu lesen, sie geben ethische, politische und kritische Maßstäbe zur Hand, mit denen sich auch die derzeitigen Entwicklungen gut beurteilen lassen.
Anders gab zu bedenken, daß die Entscheidung über die Nutzung und Verwendung der neuen Technologien bereits gelaufen sei. Wir befinden uns bereits in dem Dilemma, nur mehr von einer ziemlich eingeschränkten Meinungsfreiheit Gebrauch machen zu können, weil wir nicht mehr die Wahl der Mittel haben. Meinungsfreiheit die ohne Technologiekritik auskommen soll ist in der gegenwärtigen Lage, da alle Lebensbereiche von den neuen Technologien dominiert werden, eine kollektive Achillesferse. Was wir gegen die Technik äußern, äußern wir gegen die Notwendigkeit des Fortschritts, des Arbeitsmarktes, der Konjunktur. Und es nicht zuletzt die Ideologie des Fortschritts und des Konsums selbst, die uns veranlaßt, resignativ zu sein und mitzumachen:

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