martin krusches [flame] logbuch / blatt #77


Mopedrahmen II
Schmalspurige Vielfalt

[Vorlauf] Es gibt, wie erwähnt, keinen einheitlichen Raster der Rahmentypen. So ist zum Beispiel der Blechpreß-Schalenrahmen eine selbsttragende Karosserie, aber bei einer Puch DS 50 auf andere Art als bei einer Vespa von Piaggo. Man könne dazu auch Monocoque sagen. Der Blechpreß-Schalenrahmen ist ja ein Schalenrahmen, der freilich heute ebenso aus Kunststoff gefertigt sein könnte.

log77a.jpg (28073 Byte)

Puch DS 50: Durch den Stauraum unter der Sitzbank quasi ein
Monocoque, gebaut aus zwei Preßstahlhälten.

Ein „einteiliger Hohlkörper“ wird ja ohnehin aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Es geht im Grunde darum, eine Struktur zu schaffen, die als tragende “Außenhaut” Lasten aufnehmen kann.

Außerdem finden wir in der Mopedwelt Mischformen, etwa vorne ein Zentralrohr, hinten einen Gitterrahmen etc. Ich bleibe also für weitere Schritte bei meiner knapper gefaßten Typologie, mit der sich die meisten Mopeds, mit denen wir es zu tun bekommen, beschreiben lassen:

+) Einrohr mit oder ohne innenliegendem Tank als durchgängiges Zentralrohr
+) Schleifen- bzw. Brückenrahmen, also Gitterrohr-Varianten, auch jene, die vorne in ein Zentralrohr übergehen.
+) Preßstahlrahmen mit oder ohne innenliegendem Tank (Schalenhälften)
+) Selbsttragende Karosserie, die nicht bloß aus zwei Schalenhälften bsteht, sondern komplexer aufgebaut ist.

Diese Schlußfolgerung vor dem Hintergrund des komplexeren Begriffskatalog von Friedrich Ehn habe ich mit zwei Puchianern besprochen, mit Karlheinz Scherhag und Franz Tantscher. Beide sind mit der Zeit und der Produktion in den 1960ern vertraut und kennn die damals üblichen Sprachregelungen. (Tantscher war zudem aktiver Motorsportler und Werksmechaniker von Weltmeister Harry Everts.)

Die oben gezeigte DS 50 ist, wie erwähnt, aus Schalenhälften gebaut, was auch ein Monocoque ergibt, eine tragfähige Außenhaut. Oder ist es eben doch keine selbsttragende Karosserie, sondern ein Rahmen? Der DS-Rahmen läßt formal seine Vorfahren erkennen, die MS-Serie.

log77b.jpg (41769 Byte)

Puch MS 50:  Die ist noch zu zart dimensioniert.
Die Folgemodelle wurden stämmiger.

Die Verlaufsgeschichte ist mit Puch gut darstellbar. Die frühe MS 50, aus Halbschalen zusammengesetzt, war so zart, daß sie den Spitznamen "Stangel-Puch" erhielt, was sich von "Stange" herleitet. Sie erinnert optisch noch ein wenig an die Fahrradwelt.

log77c.jpg (32684 Byte)

Puch VZ 50:  Das einmillionste Puch-Moped (Johann Puch Museum Graz).

An der VZ 50 erkennt man noch das Rahmenkonzept der MS 50. Es IST der gleiche Rahmentyp. Zusätzliche Bleche schufen den Stauraum, den die DS 50 schon hat. Dabei neu: Der Tank ist höher gesetzt und ermöglicht so Knieschluß. Es geht Richtung Motorrad-Feeling.

Hier gabeln sich die Wege. Die Sitzhaltungen machen deutlich, was die Rahmen stilistisch können sollen. Die Fahrrad-Pose kommt ohne Knieschluß aus. Die Motorrad-Pose ist ein ganz anderes Statement.

log77d.jpg (28398 Byte)

Die M-Serie will unmißverständlich Motorrad sein und
setzt sich vom Fahrraduniversum ab.

Die Puch M 50: Brückenrahmen, doppelter Unterzug, großer Luftfilterkasten und natürlich keine Pedale mehr... Das war vielen Jugendlichen wichtig; daß ihr Fahrzeug und ihr Auftritt nach den Großen aussähe. Mit der M 50 Racing und Jet, vor allem aber mit der großen Cobra war das später erreicht.

Im Kontrast dazu das unverwüstliche Puch Maxi in unzähligen Varianten, Fahrrad-Pose auf einem Schalenrahmen mit integriertem Tank. Der stabile, aber aufwendige Brückenrahmen für die Motorrad-Pose, dazu Geschwindigkeiten, welche mit dem Moped eigentlich gar nicht erlaubt sind, all das findet im Maxi seine entspannte Gegenposition.

log77e.jpg (34108 Byte)

Das starre Heck des frühen Puch Maxi N hält die Produktionskosten
niedrig. Wie bei Harley Davidson wird der Komfortmangel des
Hardtail heute per Kultfaktor aufgewertet.

Wie schon bei der MS 50 sind möglichst viele wichtige Elemente in die Halbschalen integriert, so hier auch der Tank, was sich auf die Fertigungskosten günstig auswirkt. Fehlt noch ein Beispiel für en Typ Einrohr, also den durchgehenden Zentralrohr-Rahmen, den es auch in der Automobilwelt gibt.

log77f.jpg (34975 Byte)

Diese Puch Magnum Mk II ruht auf einem Zentralrohr.

Dieses Einrohr der Puch Magnum zieht sich von hinten her unter Sitzbank hinunter, um den Motor zu tragen, und geht vorne wieder hoch zum Lenkkopf. Bei einigen slowenischen Tomos-Mopeds ist der Tank in das Rohr integriert, was sie ziemlich nackt und spartanisch erscheinen läßt.

Während man also bei Tomos auf moderaten Preis setzte und die Fahrrad-Pose nahelegt, ist die Magnum auf Knieschluß und Motorrad-Pose hin konzipiert. Diese Art Zentralrohrverlauf rückt die Mopeds außerdem in Scooter-Nähe. Es ist noch kein freier Durchstieg, kommt aber etwa beim Flexer schon nahe heran.

log77g.jpg (26724 Byte)

Das Tomos Flexer: Minimalaufwand: Tank im Zentralrohr.

[Moped]
reset [52/14] home