>>In Österreich ist man bestürzt über die immer wieder aufflammenden Nationalismen auf dem Balkan, die zu Kriegen und Zerstörung geführt haben. Diese Bestürzung stimmt mich nachdenklich, zumal in einem Land, das bekanntlich zu den fremdenfeindlichsten der EU zählt. Wir selber bezeichnen dies als "gesunden Patriotismus".<<

Der Historiker Karl Kaser, seit vielen jahren intensiv mit Südosteuropa befaßt, hat in seinem Vortrag "Balkan heute" diese Positionen verglichen: "Balkanischer Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit in Österreich". [Der komplette Text]

Der Balkan und die Türkei sind in Österreich zwei der populärsten Ziele für die Zuschreibung von Feindbildern und Gefahrenquellen. Das hat Tradition. Das Haus Habsburg bediente sein Volk schon vor Jahrhunderten mit solchen Feindbildern, um so innenpolitischen Profit zu generieren.

Unter dem Stichwort Islam hab ich hier schon allerhand Post erhalten.

Zu einer Weltbevölkerung von etwa 6,7 Milliarden Menschen gehören geschätzte 1,2 Milliarden Muslime. Das heißt freilich NICHT, es wüde "Den Islam" geben. Es gibt genauso wenig "Die Christen". Wer etwa Katholiken, Protestanten, Orthodoxe und Juden zusammenzudenken versucht, wird auf keinen grünen Zweig kommen. Hier wie da: Unzählige Schulen und Glaubensrichtungen.

Ich habe gestern einen besorgten Menschen zitiert, der sich vorstellt, ich sei ein sorgloser Österreicher, weshalb er mir mahnende Worte geschrieben hat:
>>........Sie haben wahrscheinlich keine Kinder, oder Herr Krusche?!<< [Die Email]

Subjektives Empfinden in allen Ehren! Es bleibt auch festzustellen, daß ANGST etwas höchst Persönliches ist und sich deshalb mit rationalen Mitteln oft nicht mindern oder mildern läßt. Das mag für eine individuelle Position vertretbar sein, muß einzelnen Menschen auf jeden Fall zugestanden werden.

Die Sache liegt ganz anders, wenn jemand, der es besser wissen müßte, solche Ängste "bewirtschaftet", für sich benutzt, politisch ausbeutet. Da wird dann eben auch gelogen. Oder muß ich bloß annehmen, hier kann jemand nicht rechnen?

>>Bereits 20% der Kinder der Volksschulen im tiroler Raum sind voller Migranten- muslimischer Natur und alle freuen sich ...<<

Was immer in einer einzelnen österreichischen Schule an Gewichtungen vorkommen mag, woher sollen denn in ganzen Bundesländern die behaupteten 20 Prozent kommen, also das VIERFACHE des realen Bevölkerungsanteils an Muslimen?

Laut ORF leben in Österreich "heute zwischen 390.000 und 400.000 Muslime, so die Schätzung der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 4,9 Prozent." [Quelle]

Österreich bringt es also auf nicht einmal fünf Prozent an Muslimen, ganz Europa auf kaum mehr als sechs Prozent. Woher nehmen nun die Alarmisten, diese Alarm-Schreier, ihre "Feinde", die

>>zur heutigen Islamisierung Europas<<

angeblich beitragen? Der ORF gibt Auskunft, wovon die Rede sein müßte: "In den 25 EU-Staaten lebten im Vorjahr 14,86 Millionen Muslime. Das ist bei einer Gesamtbevölkerung der Europäischen Union ein Anteil von 3,28 Prozent." [Quelle] Du meine Güte! Wer schreit denn da? Nicht einmal dreieinhalb Prozent in den EU-Staaten.

Die Weltbevölkerung beträgt zur Zeit rund 6,7 Milliarden Menschen: [link] Aktuelle Zahlen besagen, daß es weltweit etwa 1,2 Milliarden Muslime gibt. In Europa lebten 2005 "zwischen 35 und 53 Millionen Muslime". [Quelle]

In Westeuropa bzw. innerhalb der EU sind dagegen, wie schon angedeutet, die Zahlen bescheiden. GESAMT kommt Europa auf geschätzte 6,052% Anteil an Muslimen.

Das Schüren von Angst vor diesen Glaubensgemeinschaften und das Dämonisieren der Moslems sollte also zu denken geben. Der Islam ist in Europa folgendermaßen verbreitet:

[Quelle: Wikipädia, "Islam nach Ländern"]

Übrigens! Die dümmliche Behauptung, Österreich habe seine Grenzen plan- und regellos geöffnet, läßt sich natürlich NICHT mit Fakten belegen. Im Gegenteil! Das Innenministerium bietet laufend Publikationen zum Download an, durch deren Lektüre man sich informieren kann.

Da läßt sich etwa allerhand "Zur Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern in Österreich" (August 2007) nachlesen. Man erfährt unter anderem, daß Österreich demographische Probleme hat:

>>5.2 Fertilität / Im Jahr 2006 gab es wiederum weniger Geburten, allerdings fiel der Rückgang mit -300 oder -0,4% auf 77.900 geringer aus 2005. ...<<

Daß nun andere Ethnien dieses Land durch extrem hohe Geburtenraten "umvolken" würden, wie vaterländisches politisches Personal gerne behauptet, läßt sich offenbar nicht nachweisen:

>>Ausländerinnen gebaren 2006 nach 2 Jahren wieder weniger als 2 Kinder (1,97), während die Inländerinnen weiterhin durchschnittlich 1,31 Kinder bekamen. Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau lag unverändert bei 1,41.<<

[Wir Kinder des Kalten Krieges]

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