4. Mai 2009

Wie antworten wir?

Das war meine abschließende Frage im gestrigen Eintrag. Die Frage war implizit vom serbischer Textilarbeiter Zoran Bulatovic gekommen, der sich ob der Aussichtslosigkeit im Leben seiner Leute und der Ignoranz dieser Welt vor laufender Kamera einen Finger abgeschnitten hatte, um ihn zu verschlingen.

Wie antworten wir? Wir? Wer soll denn das sein, wir? Ich kann schon froh sein, wenn mein Kind gerade was anderes zu tun hat und mich daher nicht fragt: Hast du davon gewußt? Oder: Warum geschieht sowas?

Ich hab mir nämlich geschworen, ihn nie, niemals, mit geföhnter Geschwätzigkeit abzuspeisen, hinters Licht zu führen. Was ist also zu tun? Ich weiß es nicht. Aber mir fällt auf:

Wahrnehmung und Erinnerung

Darum können sich alle kümmern, denn das ist uns; ganz unabhängig vom sozialen Status und von materieller Ausstattung, generell verfügbar. Wahrnehmung und Erinnerung. Damit es auf jeden Fall nicht egal ist, wenn jemandes Verzweiflung so weit geht und wir alle davon erfahren ...

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Ich habe eben eine Notiz zu einer ähnlichen Geschichte in der Stadt angebracht. Ganz Europa hat Ramo und Nermin Osmanovic bei der Flucht zugesehen [link], was ihren gewaltsamen Tod nicht verhindern mochte. Die Notiz [link] besagt:

OHNE ERINNERUNG
KEINE GEGENWART
KEIN ICH

Die Galerie "einraum" ist der westliche Fixpunkt einer Strecke, die sich als ein großes L durch das Stadtzentrum zieht. Am südöstlichen Ende dieses L findet man einerseits "Mayr's" als "privatwirtschaftliche Position", andrerseits das Rathaus mit seinem Museum.

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Barbara Lukas betreibt den "einraum". Damit ist sie Teil eines Quartetts, das nun "gleisdorf: ein L für die Kunst" konstituiert hat: [link] Das ergibt einen "Möglichkeitsraum", in dem erprobt werden soll, auf welche Arten Kooperationen funktionieren, um der Kunst lokal einen dauerhaften Fokus zu verschaffen.

In "next code: log #134" ist skizziert, wozu dieser Ansatz einen Kontrast ermöglichen soll. Das aktuell promotete Weizer "Kunsthausviertel" weist der Kunst vorerst eher den Rang von Dekoration bei. Das erkläre ich mir vor allem durch den Mangel an Debatten, was das überhaupt soll und welcher Art GEMEINSAME Interessen aller beteiligten Seiten sein mögen.

Um aber andere Sinnzusammnenhänge klar zu machen, sind natürlich die Kunstschaffenden selbst gefordert. Vor allem, weil uns diese Arbeit niemand abnehmen wird.


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19•09