30. Mai 2010

Auf dem Rückweg vom Friedhof zur Moschee in Kozarac, im Hintergrund eine Kirche der Orthodoxie; der Automobil-Paparazzo in mir macht natürlich keinen Urlaub.

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Klassicher Hauber, sogar mit geteilter Frontscheibe. Ein FAP 1314 aus vormals jugoslawischer Produktion. Diese Langnasen finde ich immer wieder in den ruhigeren Gegenden des Westbalkans: [2008] [2009]

Bosnien und Hercegovina ist ein sehr armes Land. Natürlich genieße ich die Vorteile der Situation in Österreich. Aber ich gehe mit einigem Respekt durch Gassen, wo den Menschen mit einem Bruchteil der Mittel, die mir greifbar sind, ein Leben gelingen muß.

Im vorigen Eintrag sind jene Zusammenhänge angerissen, die mich nach Bosnien gebracht haben: Die Lager rund um Prijedor, wo im Krieg Anfang der 1990er unzählige Bosniakinnen und Bosniaken von einer serbischen Soldateska umgebracht worden sind.

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Kurios genug, daß ein Vortrag des serbischen Präsidenten Boris Tadic in Graz diese Reise quasi abschloß. (Siehe dazu next code: log #289!) Europa hat reichlich zu tun, gehabte Traumata abzuarbeiten, die Fragen nach Schuld und Verantwortung zu klären und jenseits dieser Aufgaben, NICHT in ihrer Umgehung, eine Stabilität anzustreben, die von Norden nach Süden ungebrochen Bestand hat.

Von Norden nach Süden. Das ist eine "Schlüsseldimension". Seit über hundert Jahren kennen wir diese Tendenzen, einen strukturarmen Süden als Lieferant billiger Rohstoffe und Arbeitskräfte zu nutzen. Diese Lage wird dann üblicher Weise noch mit teuren Produkten aus dem Norden verschärft. Polemisch verkürzt: Leute, die wenig Geld haben, dürfen ihre Ressourcen billig an den Norden abtreten, um von dort fertige Produkte teuer einzukaufen.

Das ist auch EINER der Gründe der jüngsten jugoslawischen Kriege. Das sollte man sich vor Augen halten, wenn man seit Jahren wieder verstärkt Vaterländische vieler Länder plärren hört, daß sie die "faulen" Südländer gerne los werden würden. So wie das italienische "Padanien" sich vom italienischen Süden abkoppeln möchte, soll doch Sizilien sehen, wo es bleibt, hat sich etwa das vormals jugoslawische Slowenien seiner wirtschaftlich schwächeren Leute im Kosovo und anderen eher armen Region entledigt.

Cut!

Ich bekomme in letzter Zeit wieder ausführlichere Post von rechts. Reizend zu wissen, daß diese Schnösel hier mitlesen und mir so nun ihre Präsenz demonstrieren. Es ging vor einigen Wochen mit originellen Mails los, die auf Anhieb suggerierten: "der.krusche - Antifaschistische Nachrichten Nr. 54", "der.krusche - Antifa News Nr. 60" ... und auf zweitem Blick als PR für Nazi-Bands erkenntlich wurden.

Eine Weile später kam Klartext: "Sieg Heil Kameraden! Jetzt neues Propagandamaterial lieferbar: Werde aktiv in deiner Stadt!"

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Na, was denn "Sieg Heil", ihr Kameraden? Eine "Aryan Hope Ltd. - Division Europe " macht sich wichtig. Das "Ltd." finde ich so herzig. Auf Deutsch: "beschränkt". Ja, da stimme ich zu. Auch der Aufnäher paßt zum Lauf der Zeit. Nachdem sich solche Nationalisten in einen "Wohlstands-Knast" hineinträumen, tun sie gut daran, schon jetzt über ihre Freiheit nachzudenken.

Mit "Wohlstands-Knast" meine ich abgeriegelte "Wohlstands-Zonen", die nationalistisch begründet sind, in völliger Ignoranz, was sich inzwischen an Faktenlagen der Globalisierung gezeigt hat.

Es gibt keine Belege, worin genau sich diese "Arische Hoffnung" dem Rest der Menschen so überlegen fühlt. Weder in der Wirtschaft noch in der Kultur sind beeindruckende Persönlichkeiten "arischer Gesinnung" bekannt, deren Werke einer näheren Betrachtung wert wären.

Unterm Strich finde ich bei diesen Leuten nur die Konzepte des großen Pyramidenspiels, das die Nazi eingeführt haben. Man bezahlt seine Gefolgschaft mit den Gütern, die man anderen Menschen raubt. Wenn die Gefolgschaft wächst, müssen immer mehr Völker beraubt und ausgebeutet, auch versklavt werden, weil sich das mit den Kosten sonst nicht ausgeht.

Was wären die Nazi/Arier denn gewesen ohne dieses Berauben und Versklaven anderer Menschen? Na, genau der skurrile, ehrgeizige und großmäulige Haufen, als den wir heute ihre Urenkel erkennen: Ohne jede wirtschaftliche, kulturelle und politische Relevanz; außer der wachsenden Potenz, andere tot oder wenigstens zu Krüppeln zu schlagen.

["Wir Kinder des Kalten Krieges"]


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