13. Mai 2011

Das aktuelle Kräftespiel in unserer Politik beschäftigt mich sehr. Welche Kommunikationsformen und -wege erweisen sich als tauglich? Was läßt sich wodurch bewegen? Wo werden akute Fragen verhandelt? Wer nimmt an diesen Verhandlungen teil? Was ist mit jenen, die nicht gehört werden?

In meinem Milieu hat sich ein Protestverhalten herauskristallisiert, das sich als "Widerstand" versteht. Dabei beunruhigt mich die Klitterung von Codes. Falls ich mich, mangels näherer Informationen, nicht irre, bezieht sich ein Passus in einem aktuellen Protokoll, das ich erhalten habe, auf den Journalisten Muntaser al-Saidi, der vor Jahren den damaligen US-Präsidenten George W. Bush mit einem Schuhwurf attackiert hat: [link]

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Sollte dieser Quellenbezug zutreffen, hätte ich den Eindruck, der Eurozentrismus habe in dieser Protestformation, welche eine Widerstandsformation sein möchte, Unterschlupf gefunden. Denn dann müßte ich meinen, es gehe nicht an, sich en passant einiger Bruchstücke der Codes aus anderen Kulturen zu bedienen, wo man selbst in der eigenen Sprache Lücken wähnt.

Warum ich auf der Unterscheidung Protestformation und Widerstandsformation herumreite? Weil ich nicht nachvollziehen kann, weshalb ein sporadisches Laut-sein auf den Straßen von Graz als "Widerstand" durchgehen möchte. Ich lese im Protokoll: "Da alle Anwesenden die Einschätzung teilen, dass der Widerstand gegen die Kürzungspolitik jetzt nicht nachlassen darf und ..."

Also frage ich: Welcher Widerstand? Welches Riff, das den Fluß von uns oder sonst wem gemeinter politischer Entscheidungen aufhalten soll, ist da aufgebaut und dürfe nicht abgeflacht werden? Kann ich nicht lesen und verstehen? Oder haben hier Kulturschaffende aufgehört, in nachvollziehbaren Begriffen zu reden?

Ich habe eben die Website der IG Kultur Steiermark durchgesehen, finde da allerdings meine Skepsis über den Status quo vorerst bestätigt. Mir fehlen klare, aktuell formulierte kulturpolitische Begründungen. Ich wünschte, die etwas knapp und lapidar gehaltenen "Intentionen" wäre um ein gegenwärtiges Positionspapier ergänzt. Momentan ist ja das bestehende Kulturförderungsgesetz der Steiermark brisanter und ausführlicher als diese Liste der Intentionen.

Cut!

Der letzte Logbuch-Eintrag vor einigen Tagen endete mit der Passage:
"Momentan ziehe ich es vor, noch Zeit zu haben, um von Journalistinnen und Journalisten mit vorzüglicher Reputation genauer zu erfahren, was da in Pakistan geschehen ist und welche Konsequenzen das in genau welchem Kräftespiel hat."

Ich finde die Analyse von Omar Ashour (Institut für Arabische und Islamische Studien der University of Exeter) sehr interessant. Er vergleicht unterschiedliche Verlaufsgeschichten und was sich nach einigen entscheidenden Punkten ereignete.

>>Aber sobald Qutb, der Intellektuelle, hingerichtet worden war, wurde Qutb, der große Märtyrer, geboren. Statt dutzende Menschen unterstützten ihn nun Tausende, und er inspirierte nicht mehr lediglich einzelne Mitgefangene, sondern ganze Generationen. Und Qutb wurde durch einen nationalistischen arabischen Muslimführer hingerichtet, Bin Laden dagegen von Soldaten der US-Navy. Dies ist in der muslimischen Welt ein entscheidender Unterschied.<< (Der Text im Standard) log1726b.jpg (19112 Byte)

Ich hab in meiner Umgebung ja allerhand Kommentare gehört, die das Verfahren von Obamas Fachkräften sehr schnell als angemessen und zielführend herausstellten. Es gab auch allerhand Stimmen, die allfällige Kritik am gehabten Modus als "Antiamerkanismus" zurückwiesen.

Mir sind diese Angelegenheiten, wie schon erwähnt, viel zu kompliziert, als daß ich schnell zu einer Auffassung kommen könnte, womit ich es da zu tun habe. Ich kann bisher bloß aufgrund simpler Kriterien feststellen, daß mit der verfahrensfreien Hinrichtung des Osama bin Laden (Das nennrt man wohl "kurzer Prozeß") eine ganze Reihe von Konventionen ignoriert wurde, von denen mir Leute raten, sie im Falle eines Täters wie bin Laden nicht so ernst zu nehmen.

Eine Ansicht, der ich mich nicht anschließen kann. Vor allem auch, weil mir unklar bliebe, wie viele "Ausnahmeregeln" sich hier ergeben würden, was deren Kriterien seien und wer diese Ausnahmen festlegen würde. Das wäre mir viel zu diffus. Da halte ich doch lieber an rechtsstaatlichen Standards und an der "Allgemeinen Erklärung  der Menschnrechte" fest ...

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