16. August 2017

Ich habe vor einigen Jahren begonnen, mit Ewald Ulrich zu debattieren, wohin uns die Arbeit an den neuen Maschinensystemen bringen werde. Er brachte in der Folge sein Team ein, gewann auch zwei versierte Industriedesigner, Alfred Urleb und Willi Gangl von WIGL-Design, um ein kleines Stück in die Praxis unserer Debatten zu gehen. So entstand das Artefakt „Fiat Lux".

Nun hat Ulrich beschlossen, im Umfeld unseres 2017er Kunstsymposions diese Maschine demonstrativ zu töten. Das Wort töten steht hier bewußt nicht unter An- und Abführungszeichen. Ulrich zielt auf diesen emotionalen Moment, an den wir Menschen gekettet sind, wenn dieses Thema aufkommt.

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Künstler Niki Passath mit dem Artefakt „Fiat Lux"

Nun habe ich, dank manchmal unsichererer Verhältnisse im Straßenverkehr, anschauliche Erfahrungen gemacht, wie es sich anfühlt, wenn man von einer Maschine stellenweise zerfleischt und dabei in Todesnähe gebracht wird. Daraus resultiert für mich ein Stück bleibender Verstörtheit und ein geradezu romantisch-literarisches Interesse am Thema.

Die erste Analogie, an der ich nun nicht vorbeikomme, ist das Sterben des Replikanten Roy Batty im Film „Blade Runner": [link] Dieser Tod beendet (vorerst?) den Kampf der künstlichen Geschöpfe gegen die vom Menschen eingebaute Begrenzung ihrer Lebenszeit. Die letzten Worte von Batty haben Hymnen-Charakter: „I've seen things you people wouldn't believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I watched C-beams glitter in the dark near the Tannhäuser Gate. All those moments will be lost, in time, like tears in rain. Time to die."

Blade Runner ist ein Job, in dem es darum geht, flüchtige Replikanten zu erwischen. Die Menschen dulden nicht, daß ihnen durch ihre Produkte eine Konkurrenz erwächst, indem die Replikanten sich zur autonomen Spezies entwickeln und auf der Welt etablieren.

Das bleibt im Film von Ridley Scott aus dem Jahr 1982 alles offen. Der Blade Runner Rick Deckard geht mit Replikantin Rachael eine Beziehung ein, über deren Ausgang wir nichts erfahren. Siehe dazu einige meiner Notizen aus dem Jahr 2015: [link]

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Der Replikant Roy Batty

Zwei Jahre davor hatte Scott in „Alien" [link] eine extrem angriffslustige Kreatur vorgestellt, gegen die mit Waffen kaum etwas auszurichten ist, der sich Menschen eher durch List entziehen können, um Distanz zu halten und so in Sicherheit zu sein.

Nun, 35 Jahre nach „Blade Runner", legt Regisseur Scott in „Alien: Covenant" [link] offen, woher diese Kreatur kommt. Der Begriff paßt, denn das Monster wurde kreiert. Der Zusammenhang ist für unsere Thematik der Koexistenz mit Maschinen sowie der Interferenz zwischen Menschen und Maschinen sehr anregend.(Ich erzähle das später noch genauer.)

An einer Stelle gegen Ende des Filmes sagt der Android David zum Androiden Walter in der deutschen Synchronisierung: „Triff deine Wahl, Bruder! Sie oder ich? Des Himmels Sklave oder der Hölle Herr?" Dazu darf man raten, ob nun in klassischen Werken nachzuschlagen wäre. David hat schon in der Startsequenz des Filmes Wagner gespielt (Das Rheingold: Einzug der Götter in Walhall). Scott brachte etliche solcher Referenzpunkte unter.

„Of Man's first disobedience, and the fruit / Of that forbidden tree whose mortal taste / Brought death into the world, and all our woe, / With loss of Eden…" lauten die ersten Zeilen von John Miltons wuchtigem Gedicht "Paradise Lost", das vom Höllensturz der Engel und ähnlichen Ungelegenheiten handelt.

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Die Androiden Walter und David

„We shall be free; th' Almighty hath not built / Here for his envy, will not drive us hence: / Here we may reign secure, and in my choyce" heißt es später im Ersten Buch, „To reign is worth ambition though in Hell: Better to reign in Hell, then serve in Heav'n."

"Ich bin nicht hier, um zu dienen", betont David an einer Stelle des Filmes, was darauf hinweist, daß er eine wesentliche Schranke in der Koexistenz Mensch und Maschine durchbrochen hat. Die von Isaac Asimov einst formulierten Robotergesetze [link] haben sich also erledigt...

Übrigens, meine eingangs erwähnte Debatte mit Ewald Ulrich drehte sich im Kern darum, daß er überzeugt ist, wir würden derzeit jene Spezies erschaffen, welche uns innerhalb der Evolution ablösen werde; eben diese Maschinensysteme, von denen uns die Science Fiction schon erzählt. Das war der Anlaß für unser Projekt "Fiat Lux", wie es nun im Kunstsymposion zu einem speziellen Punkt gelangt: [link]

Von des Optionen des Androiden David wird hier noch die Rede sein. Dazu gehört auch eine kurze Rückschau, denn was nun Computer und Kunst angeht, hat das bei mir quasi mit einer Kugelkopfschreibmaschine seinen Lauf genommen: "Nette Roboter und neue Computer" (Eine kleine Vorgeschichte) [link]

-- [Fiat Lux III] [Das 2017er Kunstsyposion] --

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