29. September 2018

Unser 2018er Kunstsymposion hat in wenigen Tagen sein erstes Set mit drei Stationen. Dabei blicken wir auf 100 Jahre zurück, somit auf den größten Teil des überaus radikalen 20. Jahrhunderts, wozu Maler Nikolaus Pessler einen zentralen Beitrag leistet.

Zur Mitte jenes Jahrhunderts endete der mehrere tausend Jahre währende Kentaurische Pakt, in dem das Pferd die wichtigste Traktionsquelle der Menschen war. Während die Mechanisierung des Militärs die Kavallerie als Waffengattung schon im Großen Krieg (2014 - 2018) hinfällig machte, war der "Hafermotor" noch im Zweiten Weltkrieg unverzichtbar, wo motorisierte Verbände in problematischen Bodenverhältnissen steckenblieben.

Im Jahr 1947 wurden die ersten Steyr Traktoren ausgeliefert, Vorboten einer umfassenden Mechanisierung der Landwirtschaft. Siehe: "Der Fünfzehner und Konsorten"! Im Jahr 1957 folgte der Steyr-Puch 500 als Ikone der Volksmotorisierung.

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Gut, das haben wir uns folkloristisch zurechtgestellt, der eigentliche Star unter den Automobilen fürs Volk wurde zu jener Zeit der Fiat 600, den es bei uns in Lizenz auch als Steyr-Fiat 600 gab. Dieser Kleinwagen im Stromlinien-Design ist eine Meisterleistung in Konstruktion, Gestaltung und ökonomischem Potential gewesen.

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Manfred Haslinger (links) und Fredi Thaler an einem Haflinger-Chassis

Wenn ich mich heute regelmäßig in den privaten Werkstätten vormaliger Industriearbeiter umtreibe, dann deshalb, weil ich einigen Zusammenhängen auf die Spur kommen will, wo es geistige und physische Querverbindungen zur Kunst gibt. Das sind Männer, die sich im Sinn des traditionellen Handwerks betätigen, welches so von der Wirtschaft heute nicht mehr gebraucht wird. (Gilt das auch für ihre Kompetenzen?

Ich hab erst kürzlich im Projektlogbuch einen Zusammenhang zwischen solchen klassischen Fahrzeugen und den Maschinen von Künstler Niki Passath betont. Mobilität, auch jene geistiger Natur, Raumüberwindung, technologische Anordnungen, unsere Koexistenz mit den Maschinen und Maschinensystemen, die wir selbst erschaffen haben...

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Objekt von Niki Passath

Das sind Aspekte, die sich derzeit innerhalb der Vierten Industriellen Revolution umfassend verschieben und dabei neu ordnen, was der Philosoph Günther Anders die Prometheische Scham nannte. Das bezeichnet ein Unbehagen, dem wir ausgesetzt sind, wenn von uns geschaffene Maschinen den Menschen in bestimmten Leistungen übertreffen.

All das geht mit einem Tempo aufkommender Innovationen einher, in dem wir längst keine hinreichenden Adaptionsphasen mehr haben. Auffallend viele Menschen reagieren darauf mit der Simulation von Kompetenzen, profilieren sich in beeindruckender Selbstdarstellung, sind aber nach der Show meist nicht in der Lage zu liefern.

Dieses Phänomen hat natürlich auch den Kulturbereich längst durchdrungen und für ein merkwürdiges geistiges Klima gesorgt, in dem kritischer Diskurs gemieden wird. Das korrespondiert auf fast gespenstische Art mit politischen Entwicklungen und mit der Informationspolitik unserer aktuellen Bundesregierung. Es geht mit einer umfassenden Diskreditierung des klassischen Journalismus einher.

Die Markierung "Fake News" ist eine Attacke auf jene Gewaltenteilung in der Demokratie, die uns eine Balance der Kräfte verspricht. Unser Parlament nennt die drei Staatsgewalten Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung als jene Institutionen, welche sich gegenseitig kontrollieren mögen: "Deshalb kann in einer funktionierenden Demokratie niemand so mächtig werden, dass er/sie dieses System zerstört." [Quelle]

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Maler Nikolaus Pessler

Der Journalismus wird dabei als Vierte Gewalt und Kontrollinstanz verstanden. Das Parlament nennt überdies noch "Gewaltenteilung neu: Kontrollmacht Opposition". Wenn ich derzeit öffentliche Diskurse verfolge, erscheint mir unübersehbar, daß viele Amtsträger der Regierung den Journalismus und die Opposition als feindliche Instanzen deuten, die geradezu bekämpft werden, statt daß man sich ihnen stellt und so die Demokratie würdigt.

Wohin dieses Land in seinen ökonomischen Möglichkeiten geraten ist, läßt sich etwa durch folgendes Detail veranschaulichen. Im Jahr 2017 kam ein PKW auf je zwei Personen der Gesamtbevölkerung Österreichs. (Nutzfahrzeuge nicht mitgerechnet.) So berichtet Statistik Austria. In einer Zahlt ausgedrückt: 4.898.600 PKW.

Das markiert einen Status quo, der an sich selbst rüttelt, weil individuelle Mobilität auf Massenbasis, gestützt auf den persönlichen Besitz von einem Kraftfahrzeug mit Verbrennungsmotor, inzwischen mehr Probleme aufwirft, als wir Lösungen zustande bringen. Das ist also insgesamt eine interessante Situation, die Umbruch auf viele Arten unausweichlich erscheinen läßt. Was heißt das für uns Kunst- und Kulturschaffende? Was bedeutet das für die Wissens- und Kulturarbeit? Daran ist zu arbeiten.

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-- [Das 2018er Kunstsymposion] [Konsortium 18] --

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