27. Jänner 2019

Die Qualen der Frau Elke II

Wissen. Man kann es sich mit Vorsatz und Einsatz erwerben, wenn einem das Freude macht. Oder man begnügt sich mit dem, was sich laufend ergibt. Auch gut. Wir sind heute in der vorteilhaften Situation, daß uns die Entscheidung für diese oder jene Option weitgehend freisteht, während eine Unzahl von Quellen recht leicht zugänglich vor uns liegt. Das gilt zumindest für all jene, denen die Alltagsbewältigung nicht völlig ihre Kraft raubt, einem gezielten Wissenserwerb nachzugehen.

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Im Kontrast dazu: Was Frau Elke so exemplarisch in meine Aufmerksamkeit zu hämmern versucht, ist offenbar inzwischen zur Epidemie geworden. Menschen, denen Wissenserwerb zu mühsam ist, ganz egal, aus welchen Gründen, feinden Wißbegierige an. Das handelt vor allem von zwei strategischen Bemühungen: a) selbst Wissen zu simulieren, dank dessen man sich superior fühlen möchte und b) Wissende abwerten, um ihnen eine inferiore Position zuzuschreiben.

Das macht Donald Trump so, das machen jene Schreihälse so, von denen wir nun seit Jahren zweierlei hören: "Wir sind das Volk!" und "Lügenpresse!" Das fand früher vor allem an Stammtischen statt, heute hat es massenmediale Möglichkeiten. Da wird eben nicht mehr sauber und nachprüfbar zitiert, sondern einfach dahingeschwafelt. Da werden Quellen und Diskurse als Unfug abgetan etc.

Frau Elke hatte mir am 14.12.2018 schon ihre Expertise in Sachen Johann Puch übermittelt, wie man im vorigen Eintrag nachlesen kann. (Da hat sogar Wikipedia mehr zu bieten.) Andere Baustelle! Gegenwartskunst gehört zu einem meiner Hauptthemen, was daher kommt, daß ich seit Jahrzehnten als Künstler lebe. Auch da kann einen der laufende Diskurs interessieren, muß es aber nicht. Relevante Kunstwerke hängen selbstverständlich nicht grundsätzlich davon ab, ob jemand in den Debatten über Kunst bewandert ist. Mich interessiert der Stand der Debatte aber, was sich in dieser Themenleiste niederschlägt: [link]

Was kommt einem da in die Quere, wenn eine erregte Bürgerliche, die von Kunst und Kultur mindestens standesbedingt einen Tau haben sollte, sich in der Sache exponiert? Der Auftakt dieser Belehrung besagt ungefähr: Es ist so, könnte aber auch so sein, und weil das eine Sache der Freiheit ist, kann sich jeder Mensch denken, was er will, denn es steht einem frei, diese oder jene Auffassung zu haben.

Im Original von Frau Elke lautet das so: "Das Empinden von Kunst ist jedem von uns in individueller Art gegeben. Manche empfinden sie so, andere eben anders. Die Gedanken sind Frei! Dies entspricht der Freiheit einer Auffassung in diesem Sinn." (Das nenne ich Präzision!)

Dazu könnte man noch sagen, gut, die faselt, weil sie etwas sagen möchte, obzwar sie erkennbar nichts zu sagen hat. Aber jetzt kommt es essenziell. Frau Elke: "Als ich mich z.Bsp. vor, oder selbst in den Pyramiden oder vor dem Phynks in Kairo befand, mit anderen Besuchern oder auch allein, kam mir das Wort 'Kunst' niemals in den Sinn, doch die Worte :Vergangenheit, Treue, Pflichtbewusstsein ...."

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Ein bemerkenswerter Beitrag zum Thema Gegenwartskunst. Schließlich offenbart die akademisch gebildete Salondame. daß ihr die Kategorien völlig durcheinanderkommen dürfen: "...das Versuchen sich verstaendIich zu aussern, eben durch die im Grunde urspruengliche Ausdrucksweise der Hyroglyphen war einfach ueberwaeltigend , aber schlicht volkstuemlich...."

Was genau wäre denn an den Hieroglyphen eine "ursprüngliche Ausdrucksweise" und was daran "volkstümlich"? Das Gegenteil ist der Fall. Es ist ein komplexer kultureller Code, der von Herrschaftswissen handelt, denn die Bevölkerung Ägyptens, von der sich ein großer Teil für den Bau der Pyramiden einsetzen mußte, war garantiert nicht lesekundig. Aber die von sich selbst ergriffene Bildungsbürgerin erschauert vor den Jahrtausenden und dem Statement eines Herrschers, der grenzenlos über Menschenmaterial verfügen konnte.

Ich kenne diesen Tonfall von Frau Elke. Das erinnert mich an Volkskundler, derer sich die Nationalsozialisten gerne bedient haben, erinnert mich an deren Raunen und Fühlen, was alles das Volkstümliche sei. So kann man etwa beim renommierten Viktor Geramb noch 1946 nachlesen, wie sehr er dem städtischen Leben und den Intellektuellen mißtraute und was er alles im "Mutterboden" vermutet hat etc. Diese Diktion ist bekannt.

Da richtete mir Frau Elke noch aus: "All das was du daherplapperst ist einfach ein 'Klacks' dagegen." Gut. Geschenkt! Hier ist auf einer zweiten Seite die komplette Mail nachzulesen: [link]

Ich möchte das Handlungsmuster und die Strategie an diesem konkreten Beispiel deutlich machen. Was Frau Elke hier an Wissen über Kunst und Kultur aufbringt, könnte jeder Hausmeister mit einem Abonnement von Readers Digest überbieten. Das ist eine völlig substanzlose Inhalts-Nebelgranate, die keine Volksschullehrerin den ihr anvertrauten Kindern zumuten sollte.

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So wird die Simulation von Wissen zur Grundlage einer Simulation von Debatten, von kritischen Auseinandersetzungen. Dieses Surrogat bildet den Vorwand und Anlaß, um jemanden zu beschimpfen, womöglich zu diskreditieren, obwohl die Angelegenheit jeglicher sachlich überprüfbaren Grundlage entbehrt.

Wäre das nur ein unbedeutendes Geplänkel, Frau Elke würde auf meiner Spam-Liste landen und ihre Ausritte wären keiner weiteren Befassung wert: "Ich habe ein paar Jahre lang in einer Redaktion als Sekretärin und Sachbearbeiterin gearbeitet." schrieb sie mir am 10.11.2018. (Ich spekuliere nicht, welche Art Blatt das gewesen sein könnte.)

Die Mitteilung läßt vermuten, daß sie gelernt haben muß, wie man mit Quellen, Fakten, Kritik, also kritischen Vergleichen, und mit Einwänden umgehen sollte, falls man gute Absichten hat. Wenn sich allerdings ein erheblicher Teil des Kleinbürgertums von einem seriösen Umgang mit diesen Kategorien verabschiedet hat, deren Beachtung zu mühsam findet, machen sich solche Kreise zu Wasserträgern präfaschistischer Verhältnisse.

Ich halte das übrigens für eine wichtige Frage: Haben Sie gute Absichten?

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