25. Dezember 2023

Palästina und das Geplapper X

Ich staune über zwei Fragen, die zu meiner Serie von Glossen hier aufgetaucht sind, teils in meiner Facebook-Timeline, teils über andere Kanäle. Eine Frage unterstellt eine „jüdische Rasse“ die es nicht gibt. Die andere Frage unterstellt „Landraub“ und eine „Staatsgründung von außen“, respektive eine „aufgesetzte Staatsgründung“, als angebliche Delegitimation des Staates Israel, was politischer Mumpitz ist.

Das Einfachere zuerst. Es gibt keine „jüdische Rasse“. Es gibt überhaupt keine „menschliche Rasse“. Dieser Humbug, den wir nicht nur, aber hauptsächlich den Nazi verdanken, ist biologisch geklärt. Da wird ein soziales, eventuell kulturelles „Wir und die Anderen“ auf die biologische Ebene gezerrt, wofür es keine sachlichen Belege gibt.


Was bis heute gerne als „Rassemerkmale“ gedeutet wird, sind Äußerlichkeiten. Es ist doch logisch, daß Menschen, deren Vorfahren wenigstens tausend Jahre im alpinen Raum zuhause waren, körperlich anders daherkommen als die Nachfahren der Leute von tausend Jahren in der Karibik oder in der mongolischen Steppe. Äußerlichkeiten!

Natürlich paaren sich solche Auffälligkeiten mit allerhand kulturellen, also ethnischen Eigenheiten. Das alles ergibt immer noch keine „Rasse“, sondern eine Ethnie. Jüdisch zu sein ist ein kulturelles und soziales Konzept, heute sicher auch ein politisches, aber kein biologisches.

Das könnte einem etwa dämmern, wenn man zur Kenntnis nimmt, daß von Geburt an nur als jüdisch gilt, wer eine jüdische Mutter hat. Der jüdische Vater kann das nicht bewirken. Und wer allenfalls konvertieren möchte, hat einen ebenso schwierigen wie anspruchsvollen Weg vor sich. Wie gesagt, es ist kulturell. Daher meine ich, es gibt jüdische Ethnien ganz unterschiedlicher Prägung, aber keine „jüdische Rasse“.


Hausaufgaben
Volkssport zeigt viele Facetten. Mit der Hobby-Liga der Politikwissenschaften hab ich es weit schwerer als mit Rassen-Katalogen. Der Boom robuster Nebenerwerbs-Politikwissenschaft ist ja älter als die Welle der Hobby-Virologie und das sprunghaft wachsende Expertentum in Klimafragen wie Elektromobilität.

Was nun Nation Building angeht, garniert mit den vergleichsweise jungen Ideologien des Nationalismus, könnte man ein paar Hausaufgaben erledigt haben, bevor man in öffentlichen Debatten loslegt. Doch Österreich ist von Spontan-Genies erhellt. Hausaufgaben! Zum Beispiel lesen.

Die „Sozialgeschichte Österreichs” von Ernst Bruckmüller halte ich für unverzichtbar, damit man sich nicht bloß zurechtträumt, wie dieses Land von einer Monarchie zu einem modernen Nationalstaat wurde.


Ernest Gellners „Nationalismus und Moderne“ fand ich ebenso anregend wie Eric Hobsbawms „Nationen und Nationalismus“ Dazu passen etlichen Arbeiten von Immanuel Geiss sehr gut, vor allem aber auch mit seiner „Geschichte des Rassismus“. Gunnar Heinsohn mit „Söhne und Weltmacht“ nicht zu vergessen! Damit wäre man für den Anfang gut gerüstet, in der einen oder anderen Debatte nicht bloß zu schwadronieren.

In manchen Dialogsequenzen, die explizit oder implizit die Legitimität des Staates Israels in Frage stellen, schimmert eine völlig unrealistische Vorstellung von Staatsgründungen durch. Sie sind auf jeden Fall in Europa und im späten 19. sowieso ganzen 20. Jahrhundert immer eine Konsequenz von Konflikten gewesen, in denen es Sieger und Unterlegene gab. (Hab ich was übersehen?)

Der Staat Israel entstand also auf ganz konventionelle Art, nachdem die Osmanen ihr Reich zurückfahren mußten und die Briten dort eine koloniale Episode absolviert hatten.

+) Palästina