4. Juni 2025

Friedensfrömmler III


[Vorlauf] Wenn jemand „Krieg“ sagt, wird darüber meist noch in Kategorien des 20. Jahrhunderts gedacht. Davon ist einiges überraschend wiedergekehrt, obwohl es für vergangen gehalten werden konnte. Zugleich ist Krieg schon lange weit mehr als das Aufmarschieren von Großarmeen.

Sehr viel des Kriegerischen ist ganz ohne Gewehre und Kanonen in das zivile Leben der Menschen vorgedrungen. Wirtschaftskrieg, Desinformation, Wahlmanipulationen; und gelegentlich wird irgendwo auf der Welt ein entflohener Systemkritiker vergiftet.



Notorisxhe Unschärfe durch verkünden statt begünden...
(Auch DAS ist Dienst am Faschismus.)

Ich habe keine allzu klare Vorstellung, welche Wirkung eine Protestbewegung mit Aufmärschen und Versammlungen auf der Straße erzielen kann. Ich vermute, das ist sehr kontextbezogen. Aber das scheint klar zu sein: Eine kritische Intelligenz, Analysen und Satire sowie fundierte Schriftstellerei sind es jedem Tyrannen wert, daß er Mordaufträge ausgibt.

Aus den letzten zweihundert Jahren möchte ich ableiten: Eine kritische Intelligenz, die öffentliche Diskurse mitgestaltet, ist eines der mächtigsten Werkzeuge gegen die Tyrannei.

Einer Protesthaltung, die sich per Memes via Social Media zeigt, traue ich ungefähr gar nichts zu. Noch weniger als das kann man bewirken, wenn man sich der Wasserträgerei hingibt, der Steigbügelhalterei widmet, indem man Memes, Statements und Filmchen weiterleitet, die irgendwer verfaßt hat. Diese Influencer-Attitüde reihe ich eher unter die Rubrik „Jawohl, mein Führer“.

Da wäre dann noch der Sonderfall, daß Privatpersonen sich bewaffnen und einen organisierten Kampf gegen den Faschismus aufnehmen. Das erlebte Europa mit dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) und den Internationalen Brigaden.



Pablo Picassos “Guernica” im Museo Reina Sofia
(Foto: Paulo Rená da Silva Santarém, CC BY-SA 2.0)

Von den rund 40.000 Menschen in jenen Verbänden kam etwa die Hälfte ums Leben. Mit zirka 7.500 Kräften waren die meisten aus Frankreich gegen den Caudillo gezogen. Etwa 1.400 kamen aus Österreich, sogar 43 aus Albanien.

Francisco Franco und der Faschismus gewannen. Deutsche Faschisten hatten diese Kämpfe genutzt, um Schlachtfelderfahrungen zu sammeln. Das deutsche Kampfgeschwader 53, die „Legion Condor“, übte dort ebenfalls. Diese Formation schrieb am 26. April 1937 Geschichte. Durch den Luftangriff auf die Stadt Guernica und den Massenmord an einer wehrlosen Zivilbevölkerung.

Der Pate von Moskau hat aktuell neu belegt, daß zu seinen Machtinstrumenten nicht bloß Giftmorde an Systemkritikern gehören. Auch gezielte Schläge bewaffneter Einheiten gegen die ukrainische Zivilbevölkerung sind dokumetiert. Die physisch gewalttätige Seite des Faschismus feiert Feste, während die russichen Propaganda-Abteilungen reichlich europäische Hilfskräfte finden.



[Komplette Grafik] (Quelle: https://de.statista.com)

Das sind weitere Gründe und Zusammenhänge, weshalb ich meine, der Ruf „Die Waffen nieder!“ sei heutzutage Ausdruck von Entrüstung und Pose, kaum mehr. Die Waffen schweigen erst dann, wenn eine wehrhafte Republik mit engagierter Politik und wirkmächtiger Wirtschaft sich in einem Verbund mit ähnlich ausgestatteten Nationen gegen den Aggressor stellt.

Sowas verlangt freilich, daß wir das politische Spitzenpersonal des eigenen Landes und Eupopas nicht rundheraus zu Deppen erklären, sondern als Zivilgesellschaft Wege und Mittel suchen, die unleugbaren Schwächen der Politik zu bearbeiten, zu kompensieren, zu bereinigen. Maulaufreißen wird dazu kaum reichen.

+) Stahlgewitter

Postskriptum
Als ich in den 1990er Jahren Madrid besucht habe, mochte ich mir im Museo Reina Sofia die Fotoausstellung mit Arbeiten von Robert Capa ansehen. Der Weg zu seinen Fotografien vom Spanischen Bürgerkrieg führte mich zu meiner Überraschung durch eine Ausstellung der beeindruckenden Skulpturen von Eduardo Chillida. Doch weit mehr überrascht war ich, auf disem Weg plötzlich von Picassos „Guernica“ zu stehen.


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