Ich habe keine allzu klare Vorstellung, welche
Wirkung eine Protestbewegung mit Aufmärschen und
Versammlungen auf der Straße erzielen kann. Ich
vermute, das ist sehr kontextbezogen. Aber das
scheint klar zu sein: Eine kritische Intelligenz,
Analysen und Satire sowie fundierte Schriftstellerei
sind es jedem Tyrannen wert, daß er Mordaufträge
ausgibt.
Aus den letzten zweihundert Jahren
möchte ich ableiten: Eine kritische Intelligenz, die
öffentliche Diskurse mitgestaltet, ist eines der
mächtigsten Werkzeuge gegen die Tyrannei.
Einer Protesthaltung, die sich per Memes via Social
Media zeigt, traue ich ungefähr gar nichts zu. Noch
weniger als das kann man bewirken, wenn man sich der
Wasserträgerei hingibt, der Steigbügelhalterei
widmet, indem man Memes, Statements und Filmchen
weiterleitet, die irgendwer verfaßt hat. Diese
Influencer-Attitüde reihe ich eher unter die Rubrik
„Jawohl, mein Führer“.
Da wäre dann
noch der Sonderfall, daß Privatpersonen sich
bewaffnen und einen organisierten Kampf gegen den
Faschismus aufnehmen. Das erlebte Europa mit dem
Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) und den
Internationalen Brigaden.

Pablo Picassos “Guernica” im Museo
Reina Sofia
(Foto: Paulo Rená da Silva
Santarém, CC BY-SA 2.0)
Von den rund 40.000 Menschen in jenen Verbänden
kam etwa die Hälfte ums Leben. Mit zirka 7.500
Kräften waren die meisten aus Frankreich gegen
den Caudillo gezogen. Etwa 1.400 kamen aus
Österreich, sogar 43 aus Albanien.
Francisco Franco und der Faschismus gewannen.
Deutsche Faschisten hatten diese Kämpfe genutzt,
um Schlachtfelderfahrungen zu sammeln. Das
deutsche Kampfgeschwader 53, die „Legion
Condor“, übte dort ebenfalls. Diese Formation
schrieb am 26. April 1937 Geschichte. Durch den
Luftangriff auf die Stadt Guernica und den
Massenmord an einer wehrlosen Zivilbevölkerung.
Der Pate von Moskau hat aktuell neu belegt,
daß zu seinen Machtinstrumenten nicht bloß
Giftmorde an Systemkritikern gehören. Auch
gezielte Schläge bewaffneter Einheiten gegen die
ukrainische Zivilbevölkerung sind dokumetiert.
Die physisch gewalttätige Seite des Faschismus
feiert Feste, während die russichen
Propaganda-Abteilungen reichlich europäische
Hilfskräfte finden.

[Komplette
Grafik] (Quelle:
https://de.statista.com)
Das sind weitere Gründe und Zusammenhänge,
weshalb ich meine, der Ruf
„Die Waffen
nieder!“ sei heutzutage Ausdruck von
Entrüstung und Pose, kaum mehr. Die Waffen
schweigen erst dann, wenn eine wehrhafte
Republik mit engagierter Politik und
wirkmächtiger Wirtschaft sich in einem Verbund
mit ähnlich ausgestatteten Nationen gegen den
Aggressor stellt.
Sowas verlangt
freilich, daß wir das politische Spitzenpersonal
des eigenen Landes und Eupopas nicht rundheraus
zu Deppen erklären, sondern als
Zivilgesellschaft Wege und Mittel suchen, die
unleugbaren Schwächen der Politik zu bearbeiten,
zu kompensieren, zu bereinigen. Maulaufreißen
wird dazu kaum reichen.
+)
StahlgewitterPostskriptum
Als ich in den 1990er Jahren Madrid besucht
habe, mochte ich mir im Museo Reina Sofia die
Fotoausstellung mit Arbeiten von Robert Capa
ansehen. Der Weg zu seinen Fotografien vom
Spanischen Bürgerkrieg führte mich zu meiner
Überraschung durch eine Ausstellung der
beeindruckenden Skulpturen von Eduardo Chillida.
Doch weit mehr überrascht war ich, auf disem Weg
plötzlich von Picassos „Guernica“ zu stehen.