2. Juni 2025

Friedensfrömmler II


[Vorlauf] Betrachte ich wenigstens die letzten 200 Jahre, komme ich zu dieser Auffassung: Es kann nur Krieg führen, wer das nötige Personal dazu hat. Ein Aggressor muß im eigenen Land über genügend Söhne verfügen, die auf Schlachtfeldern verbrannt werden können, während zuhause genug übrigbleiben, damit das Land nicht zusammenbricht.

Er braucht ferner Werkzeuge wie Propaganda und Repression, damit die Eltern der todgeweihten Söhne das hinnehmen, dabei ihrer Regierung gegenüber in ausreichender Anzahl loyal bleiben; ganz zu schweigen von den enormen Ressourcen, die eine Kriegswirtschaft zur Verfügung stellen muß.



Aus Bertha v. Suttner: "Die Waffen nieder!"

Was genau meint nun jemand, daß geschehen könnte, wenn man einen Buchtitel vom Buchumschlag reißt und diesen Satz ausposaunt? Nämlich: „Die Waffen nieder!“, ein Roman der Bertha von Suttner. Sie war ja weit genauer, sowohl in diesem Text, wie auch in anderen Schriften. Sie hat nicht einfach verkündet, sondern ausführlich begründet.

Wer freilich bloß als Konsument handelt, als Friedenskonsument, wird mit seinem Konsumverhalten womöglich zufrieden sein: Einfacher Slogan, Knappe Werbebotschaft, paßt! Wird schon was bewirken…

Ich hab in der vorigen Notiz betont, daß ich nur eine Option kenne, durch die ein Aggressor von außen zum Aufgeben bewegt werden kann; falls er vom gewählten Gegner nicht militärisch geschlagen wird. (Aktuell betrachtet: die Ukraine kann Rußland militärisch nicht schlagen.) Also?



Ja, Krieg ist ein riesen Business. Wissen wir.

Waffen schweigen dann, wenn eine wehrhafte Republik mit engagierter Politik und wirkmächtiger Wirtschaft sich in einem Verbund mit ähnlich ausgestatteten Nationen gegen den Aggressor stellt. Das verlangt neben permanenten diplomatischen Bemühungen auch wirksame wirtschaftliche Sanktionen, damit die Kriegskasse des Aggressors sich leert. Es verlangt ferner sichere Grenzen, was ja ohne bewaffnete Einheiten nicht zu erreichen ist.

Wie ignorant, borniert oder bösartig muß man eigentlich sein, um zu behaupten, Europa setze bezüglich Ukraine bloß auf Waffen und bliebe diplomatische Bemühungen schuldig? Das ist nicht der Fall, wie eine simple Webrecherche leicht belegt; auch wenn sich dabei allerhand Fehler nachweisen lassen. Fehler, die für uns gewiß noch teuer werden, doch wir alle haben noch recht wenig praktische Übung mit einer tauglichen Demokratie auf der Höhe der Zeit.

Die Unabhängigkeit Österreichs wurde am 27. April 1945 verlautbart. Diese 80 Jahre sind nicht gar so viel Zeit, um nach Monarchie und Tyrannei schon herausgefunden zu haben, wie unser Part in einem multiethnischen Europa, vor allem sicheren genau aussehen möge. Klar passieren da auch genug Fehler. Sie verschwinden nicht, indem man jene beschimpft, von denen sie gemacht wurden.



Ah ja, die Faschisten, das sind wir. Das war ja klar....
(Quelle: Frankfurter Allgemeine)

Können Sie mir neben der wehrhaften Republik mit engagierter Politik und wirkmächtiger Wirtschaft im Verbund mit übrigen Nationen noch ein anderes Konzept nennen, das etwa Putin bewegen würde, seine Truppen zurückzuziehen? Ich kenne keines. Vor allem gegenüber einem mächtigen Faschisten.

Ich hab in meiner Notiz vom 4. Mai 2025 einige der sachkundigen Kräfte genannt, Autoren wie Sidney Blumenthal, Timothy Snyder oder Simon Tisdall, die detailliert begründen, was mit der Zuschreibung Tyrann und Faschist gemeint ist. Auch Umberto Eco hat uns Kriterien geliefert. (Darauf werde ich noch näher eingehen.)

Wäre vielleicht noch auf die Erfahrungen zu verweisen, die Europa mit dem Spanischen Bürgerkrieg gemacht hat, mit dem privat begründeten, bewaffneten Kampf gegen den Faschismus. Das werde ich in der nächsten Notiz skizzieren. [Fortsetzung]

+) Stahlgewitter


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