30. Juni 2025

Hurra, wir sind Bachmann!


Der Bachmann-Preis für die Steirerin Natascha Gangl und schon lebt der Mythos von dieser oder einer „Szene“ auf. Die müsse, eh klar, gefördert werden. Ein stabiles Narrativ, das in der Berichterstattung mehrere Felder vereint erscheinen läßt. Ich aber glaube das nicht. „Die Szene“ ist ein Gerücht, keine soziokulturelle Realität, die sich präzise darstellen ließe.

Könnten wir offen und unaufgeregt darüber reden, was die beruflichen Bedingungen sind, wenn man in Österreich als Autor, als Autorin lebt, ließe sich unsere kulturpolitische und ökonomische Situation merklich verbessern. Wäre zu klären, warum wir das nicht tun.


Wozu also den Mythos reproduzieren? Ich vermute, es fühlt sich besser an; offenbar auf allen Seiten der Beteiligung. Ob Grazer Literaturhaus, Forum Stadtpark, UniT etc., ob Mags wie die Lichtungen, Manuskripte oder Perspektive, das ist nicht „Szene“ in einem vernetzten und solidarischen Sinn. Das ist ein Milieu.

Etwas genauer, das sind staatsnahe Einrichtungen, deren Bestand nur durch öffentliche Gelder gesichert ist. Okay. Kein Einwand! Aber könnten wir die Etiketten und Überschriften in Ordnung bringen?

Klaus Zeyringer, Autor von „Österreichische Literatur seit 1945“, hat unterwegs auch „Ehrenrunden im Salon“ (Kultur - Literatur – Betrieb) verfaßt. Das war 2007. Zum „Kulturmechanismus Salon-Fürstenhof“ dürfen wir da auch noch das Kommissariat rechnen. Was sagt mir das? Aber seit damals hat sich der steirische Literaturbetrieb doch essenziell geändert? Das glaub ich ja sofort!



(Quelle: Spiegel)

Wie in Gesellschaften üblich und banal, haben Institutionen ihre Cliquen, ihre Kerne und Umfelder, ihre aktiven Netzwerke. Na gut, eine Summe von Cliquen kann man Szene nennen. Das Gemeinsame? Hm. Der Bedarf an staatlichen Mitteln?

Aber. Fördern? Wie merkwürdig! Da hat sich an den Sprachregelungen seit den letzten 50 Jahren praktisch nichts geändert. Ich, falls ich gelegentlich mit staatlichen Geldern arbeite, werde ja nicht gefördert. Da geht es um Kofinanzierung seitens eines Geschäftspartners, der in eine vereinbarte Kooperation Geld einbringt, wo ich Know how, Arbeitszeit und so manches Stück Infrastruktur beisteuere Das ist keine Förderung, sondern ein Deal.

Ergo: Ich. Werde. Nicht. Gefördert. Das bedürfte eines Mäzens, der mir Mittel bietet, ohne einen bestimmten Gegenwert zu verlangen. Sowas wäre förderlich. Ein Sponsor fördert mich auch nicht. Mit dem hab ich ebenfalls einen Handel, in dem ein Leistungsaustausch vereinbart wurde. (Etwa, daß ich dem Sponsor einen Imagegewinn ermögliche.)



Zitat: Natascha Gangl

Das Land Steiermark könnte mich mit einem Preis oder Stipendium fördern. Aber solange wir beiderseits einen rechtsverbindlichen Fördervertrag unterschreiben, ist die Überschrift des Vertrages irreführend, denn wir haben einen Deal, in dem die fälligen Leistungen detailliert aufgeführt wurden.

Was soll ich von einer künstlerischen „Szene“ halten, die nicht einmal ihre Begriffe im Griff hat, sondern das Framing der Politik übernimmt? Naja, da wäre noch die Solidarität, welche die Schwachen stärkt? Wirklich? Wir Leute vom Kunstvölkchen haben ja eine Tendenz zum Prekariat.

Ich bin jetzt seit Mitte der 1970er Jahre aktiver Teil dieses Kunstbetriebs. Solidarität habe ich da in der Praxis selten sehen können. Und wenn, dann bestenfalls zeitlich und räumlich eher eng begrenzt. Aber vielleicht ist das egal, denn möglicherweise sind wir eine Glaubensgemeinschaft, die eben ihre Andachtsübungen pflegt. Das muß sich mit der Realität ja nicht decken. Realität? Okay. Also: mit dem, was der Fall ist. [Fortsetzung]

+) Kulturpolitik (Eine Debatte)


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