Das habe ich in meiner Buchhaltung als Bruttobetrag
zu verbuchen, bleibt netto natürlich weniger, was
man manchen Menschen erst erklären muß. Woran habe
ich mich in meinen Jahrzehnten als Freelancer
gewöhnt? Daran, daß durchschnittlich 30.000,- Euro
Jahreseinkommen (brutto!) eine vorzügliche Leistung
sind. (Es gibt eine Legion von Kolleginnen und
Kollegen, die haben das nie erreicht.)
Wäre
ich nun ein Autor mit entsprechendem Marktwert,
könnte so eine Summe (oder auch das Doppelte davon)
auf dem Markt allein mit literarischer Arbeit
lukriert werden. In jener Liga schreiben aber nur
sehr wenige. Das unterstreicht: Es ist in Österreich
fast unmöglich, mit rein künstlerischer Arbeit ein
angemessenes Jahreseinkommen zu erwirtschaften.
Deshalb ist ein Leben in der Kunst an so höchst
unterschiedliche Lebenskonzepte gebunden. Ich wette,
unter hundert Prozent der Kunstschaffenden
Österreichs bringen Sie keine zehn Prozent zusammen,
mit rein künstlerischer Arbeit ein adäquates
Jahreseinkommen erreichen.

Marktwert und künstlerischer Rang
sind zweierlei! (Quelle: ORF)
Ich beklage das nicht, ich stelle es bloß fest.
Angestellte dürfen sich bei Abgaben auf einen
Arbeitgeberanteil stützen. Das betrifft vor allem
die Sozialversicherung. Sie haben bezahlten Urlaub
und gesicherten Krankenstrand. All das muß der
Freelancer selbst leisten. Damit bin ich als
Künstler nicht alleine.
Was gerne ignoriert
wird, von hundert Prozent der österreichischen
Unternehmen sind über die Hälfte (!) EPU. Das
bedeutet: Ein-Personen-Unternehmen. Also Betriebe
mit ein bis zwei Leuten. In der Steiermark macht das
nach jüngsten Erhebungen 63,7 Prozent aus. Da falle
ich als Autor drunter. [
Quelle:
WKO]
Wir EPU machen gemeinsam mit den
Klein- und Mittelbetriebe über 90 Prozent der
heimischen Betriebe aus. 99,7 Prozent der
Unternehmen werden als KMU gezählt. [
Quelle:
BMWET] (Bleiben noch ein paar große Tanker.)
Wenn ich betone, daß ich mit rein künstlerischer
Arbeit etwas erwirtschafte, meine ich damit Honorare
für Bücher und andere Publikationen, Lesungen,
Vorträge, diverse Tantiemen, eventuell auch manches
Projektkonzept. Wie erwähnt, nur sehr wenige
österreichische Autorinnen und Autoren haben einen
Marktwert, dank dessen es aus solchen Quellen für
ein gutes Jahr reicht.

(Quelle: Die Presse)
Da können Preise, Stipendien und Residencies
viel ausgleichen. Die erwirtschaftet jemand aber
nicht auf dem Markt, das investieren der Staat und
andere Instanzen in das geistige Leben der Republik.
So können Sie nun vielleicht ermessen, was ein
Preisgeld wie jenes bedeutet, das Natascha Gangl in
Klagenfurt erreichen konnte. Es bedeutet, sie kann
ein Jahr gesichert leben und arbeiten, kann ihre
ganze Kraft genau so investieren, wie sie es grade
möchte, muß sich derweil über den aktuellen
Broterwerb nicht rasend viel Gedanken machen.
Diese bachmannpreisigen 25 plus 7 machen also
32.000,- Mücken. Damit kann man leben und arbeiten,
da darf aber nichts schiefgehen. Und das
darauffolgende Jahr kommt mit Sicherheit. Dafür wird
sich Gangl wohl ihren Marktwert verbessert haben,
doch das macht aus ihrer Existenz keinen
Spaziergang.
Wenn also fix angestellte Leute
in halbwegs stabilen Einrichtungen nun verlautbaren,
was Gangls Erfolg für das steirische
Literaturgeschehen bedeute, entfaltet sich diese
Bedeutung für unterschiedliche literarische Kräfte
auf extrem unterschiedliche Art. (Der Unterschied
macht den Unterschied!)
+)
Kulturpolitik (Eine Debatte)
Postskriptum„Beispielsweise sind
2018 weniger Literaten/innen im Sample vertreten als
2008, die im Referenzjahr kein Einkommen aus ihrer
kunstschaffenden Tätigkeit erzielten; oder im
Filmbereich sind nun die Einkommensklassen zwischen
10.000 und 20.000 Euro stärker besetzt als noch vor
zehn Jahren. Im Gegenzug fallen hier weniger
vergleichsweise hohe Einkommen (ab 30.000 Euro) an.“
„Zieht man den Median für das Einkommen aus
künstlerischer Tätigkeit als Indikator heran, so
erzielt etwa die Hälfte der Respondenten/innen aus
ihrer künstlerischen Tätigkeit Einkommen von unter
5.000 Euro netto pro Jahr. Es sind vor allem
Literaten/innen und Bildende Künstler/innen, die zu
hohen Anteilen in diesem niedrigen Einkommenssegment
zu finden sind.“Quelle: „Soziale Lage
und Kulturvermittler“ (Ein Update der Studie in
Österreich‘ 2008), L&R Sozialforschung und der
österreichischen kulturdokumentation im Auftrag des
Bundeskanzleramtes – Sektion Kunst, Wien, September
2018