Dieser Avantgarde-Aspekte wurde, wie mir scheint, in
die dritte Phase hinein erneut betont. Doch nach
meinem Geschmack eher in den Kontrast zu anderen
Literaturen, doch nicht mit einer sprachlichen
Kraft, die mich fesseln kann. Egal, denn darüber
gibt es ja ohnehin keinen öffentlichen Diskurs, das
Thema hockt also auf sich selbst herum.
Ich
hab Evelyn Schalk längere Zeit mit der „perspektive“
assoziiert, aber das ist offenbar Vergangenheit. Sie
fehlt im Register des Litmags ebenso wie Schranz.
Schalk ist heute die Schlüsselkraft der Grazer
Wandzeitung „ausreißer“.
In dem Zusammenhang
ließ sie jüngst wissen, was sie für eine passende
Antwort auf die veränderte Situation im steirischen
Förderwesen halten würde:
„300 SOLI-JAHRESABOS
ermöglichen uns, weiter unabhängig und kritisch zu
berichten, weiter künstlerisch-literarischer
Freiraum zu sein und solchen zu geben. Jeder Beitrag
zählt.“Okay! Lassen wir beiseite, daß
die hier genannten Agenda wohl kaum in einem
staatsnahen Betrieb realisiert werden können, also
ohnehin auf eine hauptsächlich
zivilgesellschaftliche Finanzbasis zu stellen wären.
Keine Landesregierung, egal unter welcher Farbe,
würde so ein Vorhaben umfassend ausfinanzieren.

perspektive, Ausgabe 123: Der dazu
nötige Aufwand kann auf dem freien Markt
natürlich nicht erwirtschaftet werden.
Ich habe in meiner dritten Notiz eine Summe
genannt:
„Woran habe ich mich in meinen
Jahrzehnten als Freelancer gewöhnt? Daran, daß
durchschnittlich 30.000,- Euro Jahreseinkommen
(brutto!) eine vorzügliche Leistung sind. (Es gibt
eine Legion von Kolleginnen und Kollegen, die haben
das nie erreicht.)“ [
Quelle]
Es korrespondiert mit den von Schalk erbetenen
300 Jahresabos. Das macht „12 Ausgaben für 115,–
Euro“ [
Quelle]
Ergäbe mit € 34.500,- passable Bruttoeinnahmen für
ein Arbeitsjahr. Wie schon mehrfach betont, wäre das
für die Freelancers unter den Autorinnen und Autoren
der Steiermark ein sehr passabler Betrag, den nicht
viele erwirtschaften.
An der Schalk’schen
Position sehe ich einen inhaltlichen Haken, den ich
für gravierend halte, der aber offenkundig kein
Anlaß zur Debatte ist. Sie assoziiert ihre Situation
mit dem Spanischen Bürgerkrieg und übernimmt einen
historisch bedeutenden Slogan:
„¡No pasaran!“

Diese Assoziation sollte für eine
kulturpolitische Debatte gut sein.
Diese Worte werden Dolores Ibárruri
zugeschrieben. Das Zitat aus einer Rede vom 18. Juli
1936 lautet:
„¡Viva el Frente Popular! ¡Viva la
unión de todos los antifascistas! ¡Viva la República
del pueblo! ¡Los fascistas no pasarán! ¡No pasarán!“
Also:
„Es lebe die Volksfront! Es lebe die
Einheit aller Antifaschisten. Es lebe die Republik
des Volkes! Die Faschisten werden nicht durchkommen!
Sie werden nicht durchkommen!“Ich war
erst einmal fassungslos, welcher Mangel an Augenmaß
in der Geschichtsbetrachtung da deutlich wird, sich
diesen Slogan nutzbar zu machen, sich in diesen
Kontext zu stellen. Aber ich muß akzeptieren: Da
stehen wir also im steirischen Literaturbetrieb, den
manche gerne als „steirische Literaturszene“ deuten
möchten.
Mir bleibt unter den in diesen zehn
Glossen skizzierten Verhältnissen bloß die Position
eines kulturpolitischen Separatisten. Was ich in
dieser Angelegenheit an öffentlichen
Diskursbeiträgen finden konnte, vor allem dessen
Fehlen, macht mich völlig ratlos. Aber vielleicht
bin in diesem Zusammenhang ja ich das Problem.
+)
Hurra, wir sind Bachmann!
(Eine Debatte)