Da war einst ein Greißler. Ein Gemischtwarenladen im
Zentrum der Stadt. Gregor Mörath ist mit diesem
Familienbetrieb aufgewachsen und hat über die Jahre
einige größere Entscheidungen getroffen. So konnte
sein Betrieb ökonomisch überleben. (Ein Laden, in
dem auch regionale Produkte angeboten werden.)
Das Kühlregal „beim Mörath“ hat durchaus
stattliche Länge, ist aber mit Glastüren
verschlossen. Ganz anders in Märkten mit großen
Flächen, deren Kühlregale sehr viel länger sind.
Anlagen ohne Türen, so daß auch im Gang unmittelbar
davor tiefere Temperaturen herrschen. Ich bestaune
diese offenen Schächte und ihrer mächtigen
Aggregate, denn das ist wie ein kleines Stück Winter
im Hochsommer.
Wenn ich Haus und Hof
verlasse, komme ich oft an Autos mit laufenden
Motoren vorbei. Manche mit, viele ohne Insassen.
Klar! Die Karre will gekühlt sein. Ist zwar
verboten, frißt eine Menge Sprit, ist für die
Umgebung lästig, aber man gönnt sich ja sonst
nichts.

Letztes Wochende saß ich beim Kaffee an einem
der kleinen Tischchen vor einer Bäckerei auf der
Straße. Da stand in nächster Nähe ein großer Audi
mit laufendem Motor. Der Gemütsmensch am Steuer
hatte kein Problem damit, an jenem Nachmittag mit
über 30 Grad Temperatur die gesamte
Kaffeegesellschaft anzuwehen.
Nein, das regt
mich gar nicht auf. Ich staune bloß und frage mich:
Wie schafft der seinen Alltag mit so einer
geschrumpften Wahrnehmung seines Umfeldes? Denn gar
so viel Grips hat er offenbar nicht zur Verfügung.
Es gibt dann auch Momente, in denen mich
Überlegungen beschäftigen, wie all die dafür nötige
Energie verfügbar gemacht werden soll und mit
welchen Kosten das verbunden sein mag. Was war
diesen Sommer der letzte Laden, in dem ich nicht
durch ein breites Set von Geräten in kühle Luft
getaucht worden wäre. Apotheke, Friseur, Trafik,
Baumarkt, ganz egal.
Ich erinnere mich an
eine Arbeit von Henry Miller, die aus den 1940er
Jahren stammt; über seine Reisen durch Amerika: „Der
klimatisierte Alptraum“. Sind wir da grade
angekommen? Schwank am Rande: Die britische
Umweltbehörde hat der Bevölkerung eben empfohlen
alte E-Mails und Bilder von ihren Rechnern zu
löschen, um an dem Wasser zu sparen, das zum Kühlen
von Rechenzentren und Serverfarmen gebraucht wird.

Ich dachte erst, das sei ein Hoax. Aber ich bin
ein EDV-Neandertaler, weil ich mit meinen Devices
genau nicht andauernd online bin und weil ich meine
Daten auf Festplatten halte, nicht in Clouds. Ganz
egal, der nötige Energieumsatz wird da gesamt noch
Kategoriensprünge machen, wenn diese KI-Kiste ihre
nächste Entwicklungsphase erreicht.
Rund
heraus gesagt, dieses Energiethema ist nur eines aus
dem Paket große Kräftespiele in unserer Welt, deren
Dimension inzwischen meine Auffassungsgabe völlig
übersteigt. Da kann ich mir nun zumindest erklären,
warum mir allerhand Leute mit treuherzigem Blick
versichern, das sei alles „in Wahrheit“ nicht so
schlimm und eh ganz anders und überhaupt, zum
Beispiel im Vergleich zu China… Es braucht
vermutlich Mumm, sich und anderen einzugestehen: Das
alles fasse ich nimmer. Mir geht es jedenfalls so,
daß ich zu vielen offen Fragen sagen muß:
Ich weiß es nicht.