Verpackte Luft meint halbleere Kartons. Ich hab
sogar zwei leere entdeckt, die offenbar über Jahre
Staub ansetzen konnten. Gestapelte Luft meint
Leerräume in Regalen, deren Inhalte außer Kontrolle
geraten sind, was zur Folge hat, daß ich quasi mit
perforierten Regalen lebe.
Natürlich kann man
so existieren, ohne daß die Gesundheit Schaden
nimmt. Aber es bedeutet unter anderem auch
rausgeschmissenes Geld. Von ästhetischen Fragen ganz
zu schweigen. Nun bin ich gelegentlich bei einer
Frau zu Gast, deren Wohnung ihr ohne Frage höchstes
Lob von einer buddhistischen Nonne einbringen würde.
Ich gebe zu, diese Klarheit im Ordnen der Dinge
finde ich bestechend, weil sich da gewissermaßen die
Qualität einer vorzüglichen Grafik im gesamten
Ensemble versteckt. Das bedingt überdies eine
gewisse Achtsamkeit betreffs der Anzahl persönlicher
besessener Gegenstände. Direkter gesagt: Ich hab
unfaßbar viel Zeugs. Viel zu viel.

Sollte ich eigentlich nicht
aufheben. Tu ich aber. Vorerst.
Das sind zum Teil Sedimente aus einigen Jahrzehnten
der organisierten Ausstellungen und Veranstaltungen.
Wäre ich ein Cousin von Pablo Picasso, würde es sich
vielleicht, irgendwie, sogar ideell lohnen, den
Ramsch in vollem Umfang aufzubewahren. Aber ich bin
nicht einmal bereit, frühe künstlerische Werke
aufzuheben. Ist ja auch klar. Es waren frühe, also
überwiegend schwache Arbeiten.
Ich vermute,
daß zum Beispiel mindestens 500 Gedichte aus meinen
Anfangsjahren schon vor geraumer Zeit ins Altpapier
gingen. Der Grund ist einfach. Ich weiß schon lange
sehr viel über Literatur. Daher hätte ich es
erkannt, wenn da ein grenzgeniales Frühwerk
vorgelegen hätte. Hat es aber nicht. Punkt.
Nun verwende ich lieber einen Teil meiner Zeit für
strukturelle Fragen. Ich gehe grade wieder
konzentriert einigen Fragen nach, was Literatur im
Netz angeht. (Siehe unten den Link „Der lyrische
Türsteher“!) Die ganze Online-Situation hat sich ja
durch Social Media radikal verändert. Das hat in den
frühen Netzkultur-Communities niemand kommen
gesehen.

Sollte ich eigentlich nicht aufheben. Tu
ich aber. Vorerst.
Hätten wir das auch nur geahnt, wären gewiß einige
unter uns fähig gewesen, darauf strategisch zu
reagieren. Das sehe ich aber nicht. Unser
Kulturvölkchen tendiert derzeit mehrheitlich weg vom
strategischen Vorgehen, hin zur Ömpörung. Da gehen
ein paar fette Slogans raus, alarmistische Ansagen
wie „Kulturland retten!“; und weiter? Das war’s.
Na gut, es ist eine Demokratie. Da darf man ja
auch was vermasseln. Ich werde derweil an meiner
Hütten weitergraben, um die räumliche Situationen zu
ändern. Das bedeutet auch viel Staub zu fressen und
Mengen von Altpapier aus dem Haus zu schaffen;
Journale, Manuskripte, Artikel, Essays… Ist fast so,
als würde ich in einer Bibliothek hausen. Naja, es
läßt sich nicht bestreiten, ich hause in einer
Bibliothek. [
Fortsetzung]
+)
Der lyrische Türsteher (Die Übersicht)