17. September 2025

Raumgestaltung II


[Vorlauf] Es geht in den Abläufen stets auch um Details und Nuancen. Zum Beispiel. Ein Stapel von Hochglanzmagazinen, hier der eine und andere Jahrgang des Magazins „Motor Klassik“, läßt sich in einer Hand kaum verläßlich halten. Es ist so, wie wenn man zwei Forellen gepackt hätte. Mit jeder auch nur sachten Bewegung windet sich der Stapel aus der Hand.

Nach den ersten drei, vier gefertigten Paketen war mir klar, wie ich den Vorgang abwickeln muß, damit ich mir eine Reihe unnötiger Handgriffe ersparen kann. Bei dem Gewicht, das da in Summe zusammenkommt, schien mir klar, daß ich die Pakete in Bodenhaltung aufbewahren werde.



Mein Archiv, Phase zwo.

Als der Stoß an Paketen Kniehöhe erreicht hatte, dachte ich mir: Auch ein Archiv ist irgendwie… Ein Protokoll. Ich hab im Vorlauf („Raumgestaltung“) schon erwähnt, daß ich gegen verpackte Luft und gestapelte Luft vorgehen will.

Halbvolle Schachteln ergeben in Summe eine bemerkenswerte Vergeudung an Kubatur. Schlampig genutzte Regale zwingen eine Menge Zeugs auf den Boden. Derzeit ringe ich um jeden halben Quadratmeter Parkett. Dabei stolpere ich zeitweise in meine Vergangenheit.

Erinnerungen, durch Erinnerungsstücke aufgerufen. Seien es alte Fotografien, Dokumente oder Artefakte. So etwa der IBM Composer 6375, genauer: „The Electronic Selectric Composer“, wie er Mitte der 1970er auf den Markt gekommen ist. Der kann bis zu 8.000 Zeichen speichern, was bedeutet, mit dieser in sauberem Schwarz hämmernden Kugelkopfmaschine war damals für Druckvorlagen ein Blocksatz möglich und ich mußte nicht die teuren Seiten aus der Linotronic bezahlen.



Zwölf Ausgaben in einer Hand, das braucht Übung.

Ich staune heute, welches kleine Vermögen über die Jahre für all die Fachmagazine nötig war, die ich nun weggeschafft hab. Vor allem Hot Rod- und Chopper-Journale konnte ich in den 1970ern ja nur aus amerikanischen Verlagen beziehen. (Deutsche Versionen kamen wesentlich später.) Und all die andere Themen. Computer- und Kunstmagazine. Spiegel Spezial, Bild der Wissenschaft und Geo Epoche. National Geographic (Jon Krakauer beichtete von den Toten am Everest und so Sachen). Regionale Journale, soziokulturelles Stoffe.

Ich hab sogar das Manuskript meines ersten Romans entdeckt, bin mir aber sehr unsicher, ob ich in diese Mappe reinschauen will. Außerdem waren allerhand Dissertationen und Essays wegzuschemeißen, die ich ohnehin in digitaler Form archiviert hab. Zum Lesen muß ich sowas auf Papier ausdrucken. Vor allem, weil ich während der Lektüre Anmerkungen mache, Unterstreichungen vornehmen.

Konnte sich in meinem Milieu kaum wer leisten: der IBM Composer.

Das ist natürlich ein Stück Wissensprothetik aus geleisteter Arbeit. Dennoch hab ich beschlossen, die Papierversionen wegzuhauen. Ergo wird solche Arbeit neu zu leisten sein, falls ich an den Themen wieder einmal arbeiten sollte. Zum Beispiel „Die Haager Friedensconferenz“ (Tagebuchblätter) der Bertha von Suttner. Oder “The Crucifxion of Jesus: A Central Moment in Christian History” von James Pearson. Aber auch “Prevalence of sexual violence against children and age at first exposure: a global analysis by location, age, and sex” von Jack Cagney et al. Andrerseits: „Zur hochmittelalterlichen Kolonisation zwischen Raab und Zala“ von Alfred Ratz.

Nicht zu vergessen: „sektor3medien99“ (Kurskorrekturen zur Kultur- und Medienpolitik) von Gerald Raunig, Martin Wassermair; naja, leider allgemein vergessen. Egal. Die Entscheidung ist gefallen. Das gibt eine Menge Altpapier und eine unerschütterliche Klarheit: Ich hab nicht einmal den Hauch einer Allergie gegen Hausstaub. [Fortsetzung]


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Das Cover des Composer-Manuals [Große Ansicht]