Als der Stoß an Paketen Kniehöhe erreicht hatte,
dachte ich mir: Auch ein Archiv ist irgendwie… Ein
Protokoll. Ich hab im Vorlauf („Raumgestaltung“)
schon erwähnt, daß ich gegen verpackte Luft und
gestapelte Luft vorgehen will.
Halbvolle
Schachteln ergeben in Summe eine bemerkenswerte
Vergeudung an Kubatur. Schlampig genutzte Regale
zwingen eine Menge Zeugs auf den Boden. Derzeit
ringe ich um jeden halben Quadratmeter Parkett.
Dabei stolpere ich zeitweise in meine Vergangenheit.
Erinnerungen, durch Erinnerungsstücke
aufgerufen. Seien es alte Fotografien, Dokumente
oder Artefakte. So etwa der IBM Composer 6375,
genauer:
„The Electronic Selectric Composer“, wie er
Mitte der 1970er auf den Markt gekommen ist. Der
kann bis zu 8.000 Zeichen speichern, was bedeutet,
mit dieser in sauberem Schwarz hämmernden
Kugelkopfmaschine war damals für Druckvorlagen ein
Blocksatz möglich und ich mußte nicht die teuren
Seiten aus der Linotronic bezahlen.

Zwölf Ausgaben in einer Hand, das
braucht Übung.
Ich staune heute, welches kleine Vermögen über die
Jahre für all die Fachmagazine nötig war, die ich
nun weggeschafft hab. Vor allem Hot Rod- und
Chopper-Journale konnte ich in den 1970ern ja nur
aus amerikanischen Verlagen beziehen. (Deutsche
Versionen kamen wesentlich später.) Und all die
andere Themen. Computer- und Kunstmagazine. Spiegel
Spezial, Bild der Wissenschaft und Geo Epoche.
National Geographic (Jon Krakauer beichtete von den
Toten am Everest und so Sachen). Regionale Journale,
soziokulturelles Stoffe.
Ich hab sogar das
Manuskript meines ersten Romans entdeckt, bin mir
aber sehr unsicher, ob ich in diese Mappe
reinschauen will. Außerdem waren allerhand
Dissertationen und Essays wegzuschemeißen, die ich
ohnehin in digitaler Form archiviert hab. Zum Lesen
muß ich sowas auf Papier ausdrucken. Vor allem, weil
ich während der Lektüre Anmerkungen mache,
Unterstreichungen vornehmen.

Konnte sich in meinem Milieu kaum wer
leisten: der IBM Composer.
Das ist natürlich ein Stück Wissensprothetik aus
geleisteter Arbeit. Dennoch hab ich beschlossen, die
Papierversionen wegzuhauen. Ergo wird solche Arbeit
neu zu leisten sein, falls ich an den Themen wieder
einmal arbeiten sollte. Zum Beispiel „Die Haager
Friedensconferenz“ (Tagebuchblätter) der Bertha von
Suttner. Oder “The Crucifxion of Jesus: A Central
Moment in Christian History” von James Pearson. Aber
auch “Prevalence of sexual violence against children
and age at first exposure: a global analysis by
location, age, and sex” von Jack Cagney et al.
Andrerseits: „Zur hochmittelalterlichen Kolonisation
zwischen Raab und Zala“ von Alfred Ratz.
Nicht zu vergessen: „sektor3medien99“
(Kurskorrekturen zur Kultur- und Medienpolitik) von
Gerald Raunig, Martin Wassermair; naja, leider
allgemein vergessen. Egal. Die Entscheidung ist
gefallen. Das gibt eine Menge Altpapier und eine
unerschütterliche Klarheit: Ich hab nicht einmal den
Hauch einer Allergie gegen Hausstaub. [
Fortsetzung]