Der kurze Sommer des Automobils / Seite 45

Lesen, lesen, lesen!

Ich wälze momentan wieder Berge von Papier, um einige meiner Annahmen und viele Fakten zu überprüfen. Das bezieht sich auf meine Handbibliothek plus digitalisierte Archivbestände, die via Internet zugänglich sind. Da verdichtet sich heuer allerhand, was Anregungen aufwirft. Vor 60 Jahren wurde das Puch-Schammerl in Graz präsentiert. Vor 75 Jahren war das Puchwerk in Graz-Thondorf gebaut worden, als das Zweierwerk gegenüber dem Einserwerk, dem Stammwerk von Altmeister Johann Puch.

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Bei der Abschlußkonferenz, von links: Ewald Ulrich, Hermann Maurer,
Ursula Glaeser und Martin Krusche

Das 2017er Jahr ist für eine ganze Serie von Jubiläen gut, wovon ich einige in einem "Zeitfenster" aufgelistet hab: Koordinaten [link] Das ergibt ein Stück Hintergrundfolie für unser Projekt "Mensch und Maschine", in dem solche Aspekte samt ihrer Zusammenhänge plausibel gemacht werden sollen: [link]

Das bedarf in unserem Fall einer passenden Form von kollektiver Kulturarbeit. Dabei fand eben eine Konferenz in der Kanzley von Schloß Freiberg statt, die ein LEADER Kulturprojekt beendete und eine Verhandlung weiterführender Schritte beinhaltete; siehe dazu: "Dorf 4.0: Volkskultur" (Zu einem Projektabschluß) [link]

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Davon führt nun eine Arbeitslinie in das kommenden Kunstsymposion, das inzwischen präzisiert wurde: "Artist Is Obsolete: Kunst & Technik" [link] Eine andere Arbeitslinie wird das Projekt "Mensch und Maschine" vertiefen. Dazu läßt sich jetzt schon etwas andeuten, der Stand unserer Arbeit erlaubt aber noch keine Publikation der Texte.

Günther Jontes, ein renommierter steirischer Volkskundler, hat eben die erste Arbeitsfassung einer Gesamtschau eingebracht: "Nur die Pferdestärken sind geblieben. Das Auto löst die Rösser ab. Eine kulturhistorische Entwicklung sondergleichen" (Der kulturelle Stellenwert des Automobils in den Kulturen des Westens und Ostens).

Das ergänze ich mit "Vom Steirerwagerl zum Puch G" (Fahren, fahren, fahren in steirischer Prägung) um einen speziellen Blick auf die steirische Geschichte in diesem Zusammenhang. Dazu verfaßt Informatiker Hermann Maurer einen Text, in dem die technischen Veränderungen auf diesem Gebiet überschaubar werden sollen. Ich werde mir dazu dann noch die nächste Automatisierung der Landwirtschaft vornehmen.

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Der Albl Phönix von 1902

In eben diese Verläufe kommt gerade eine überaus kuriose Nachricht. Der Albl Phönix von 1902 ist das derzeit älteste Automobil aus Grazer Produktion, von dem wir wissen. An nächster Stelle stand bis heute die Puch Voiturette von 1906, heute im Besitz von Magna Steyr. Von den Puch-Wagen der Vorkriegszeit ist kaum etwas erhalen geblieben; ganz im Gegensatz zu den Wagen von Austro-Daimler und Steyr,

Bisher hieß es bloß auf der Gerüchteebene, daß in Lateinamerika noch eine Puch Voiturette existieren soll, mehr habe ich dazu über Jahre nicht erfahren können. Das hängt nicht bloß mit Seltheit noch existierender Puch-Wagen zusammen, es kommt unter anderem von den üblichen Begehrlichkeiten mancher Sammler, die jemandem die Nerven und die Plomben ziehen können, um sich einem feinen Stück anzunähern.

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Die Puch Voiturette von 1906

Deshalb werden manche Fahrzeuge lieber verschwiegen, den Blicken der Öffentlichkeit entzogen. So hatte ich beispielsweise letzten Dezember die Gelegenheit, mich in den sehr seltenen Puch Alpenwagen Typ VIII von 1913 zu setzen; unter der Bedingung, daß von mir niemand erfährt, wem er gehört und wo er steht.

Diese Art der Diskretion ist oft das nötige Ticket, um einen der Korridore zum anderen Atlantis betreten zu können, um Zugang zu den verbliebenen Nischen eines versunkenen Reiches zu erhalten, in dem noch Fahrzeuge stehen, die Sie teilweise in keinem Museum finden können.

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Die Puch Alpenwagen von 1913

Nun erreichte mich aus der Schweiz eine Email mit elektrisierendem Inhalt: "Diesmal habe ich eine andere Frage: Wir restaurieren dzt. eine originale Puch Voiturette aus dem Jahr 1904 (Chassis Nr. 61), und sind uns in der Zusammensetzung der damals verwendeten Öl-Lacke nicht klar: Eine Analyse der vorhandenen originalen Lackreste hat die 1904 verkaufte Farbe 'Taubengrau' ergeben. Wer in Ihrem Museum oder Umfeld wüsste dazu Bescheid / wen dürfen wir anschreiben, um einen Hinweis zur Lackierung / Lack-Zusammensetzung / Lacklieferanten eines so alten Automobils zu bekommen?"

Mehr ist dazu noch nicht verfügbar. Es steht also nun eine ältere als die Grazer Puch Voiturette mit Gewißheit in Europa, ein Fahrzeug, von dem bisher wohl auch alteingesessene Puchianer nichts gesehen haben. Das ist eine passende Nachricht zum 60er des Puch-Schammerls und bringt auch einen freundlichen Ton in unsere aktuelle Projektarbeit.

Das sind in Summe alles Details, die inhaltlich sehr gut zu einem neuen Kulturprojekt in Hofstätten an der Raab passen: "Vom Pferd zum Sattelschlepper" [link] Da wird Sozialgeschichte mit Mobilitätsgeschichte verknüpft, um darin auch die kulturgeschichtlichen Aspekte herauszuarbeiten.

1957 bis 2017
60 Jahre Steyr-Puch 500
[link]


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