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Dies ist der erste steirische NCC-Beitrag im bisherigen Verlauf des gesamten Vorhabens, der im "Realraum" örtlich jenseits von Graz realisiert wird. Manche Ansichten besagen, das sei in Fragen der Netzkultur eher nachrangig.

Solche Ansichten erzählen von einer erstaunlichen Ignoranz gegenüber unserer Leiblichkeit, deren Anwesenheit eben stets "reale Orte" hat, egal wo wir uns KONGNITIV gerade befinden. NCC09_200.jpg (4677 Byte)

Nach meiner Erfahrungen meiden außerdem Kulturschaffende in Graz, also im Landeszentrum, eher die Befassung mit einem Umstand, dem sozial- und mentalitätsgeschichtliche Relevanz zufällt.

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Aus: William Gibson "Neuromancer"

Im Landeszentrum werden ganz selbstverständlich zahlreiche Vorteile genossen, deren Mangel in der "Provinz" sich durch eine konsequente Kultur- und Medienpolitik teilweise schon längst hätten kompensieren lassen.

Aber in der Sache gibt es eben kein "Wir" der Community. Und sei es bloß, daß in der "Szene" eine kursorische Kenntnis der markanten Unterschiede bestünde; etwa:

+) Die "Provinz" steht im vielfachen Kontrast zum Landeszentrum,
+) was sich etwa an konkreten Benachteiligungen darstellen läßt, genauer:
+) Sie hat dem Zentrum gegenüber ein erhebliches Spektrum an Standortnachteilen.
+) Manche dieser Standortnachteile lassen sich durch kluge Medienanwendungen kompensieren, andere nicht.
+) Das Zentrum hat ungleich mehr Ressourcen zur Verfügung,
+) auch mehr SachpromotorInnen als „Anknüpfungspunkte" = mehr sachkundige Leute, mit denen man sich verständigen kann, um ein relevantes Thema voranzubringen,
+) mehr politisches und journalistisches Augenmerk,
+) komfortablere Wegstrecken und
+) dichteren ÖFFENTLICHEN Verkehr
etc. etc. etc.

Kurz, im Zentrum ist ungleich mehr von allem verfügbar, um sich zu verständigen, zu treffen, Dinge zu entwickeln, Sach- und Machtpromotoren zusammenzubringen und Budgets zu lukrieren, schließlich auch zusätzliche "Legitimation" durch das Augenmerk und die Rezeption seitens der Politik und des Journalismus zu erlangen, erweitert um entsprechende Publikationen, um all das zu bündeln und Strukturen zu generieren, die Kunstschaffenden ihre Arbeit und ihr ökonomisches Überleben zu erleichtern.

Gerade für die kulturell Aktiven der "Provinz" hat Webstützung sehr dringende Bedeutung und Funktionen. TELEKOMMUNIKATION und TELEWORKING sind wichtige Optionen, räumliche Distanzen, allerhand Wegstrecken zu kompensieren, weil wir uns nicht alle Tage über den Weg laufen.

Durch WEBPRÄSENZ und konsequente Aufbauarbeit, was ein Publikum im Web angeht, können wir das eher mangelhafte Engagement von Mainstream-Medien ausgleichen.

Mein eigene Erfahrung besagt, daß viele Neulinge, Rookies aller Art, diese Zugänge und Praxiserfahrungen durch genau jene kritisierten "Web zwo"-Applikationen gewonnen haben, die momentan in der "Szene" so sehr kritisiert werden.

Das mindert die Kritikwürdigkeit dieser Medienbereiche nicht. Es illustriert bloß, wie wenig "die Szene" seit der "MEKO 99" da Boden gewonnen hat, obwohl wir technisch und auf das Know how bezogen dafür gerüstet gewesen wären. (Siehe dazu Log #197!)

Hinzu kommt natürlich ein permanenter "Brain Drain", denn sehr viele inspirierte Leute wandern in die Zentren ab, um ökonomisch zu überleben und beruflich zu reüssieren.

Die "Freitags-Konferenz" in Gleisdorf, wie wir sie für den 27. November 2009 vorbereiten, wird sich genau diesen Zusammenhängen widmen und aus unserer Praxis der letzten Jahre heraus Arbeitsansätze bündeln, die dem oben beschriebenen Status quo entgegenwirken.

Unser heuriges Gleisdorfer Programm als
dislozierter Beitrag zur in Graz angesetzten NCC09: [link]

[next code: asking] [netART community convention]


coreresethome
44•09