log #599: Dorf 4.0

In meinem persönlichen Logbuch hab ich dieser Tage unter anderem von Winfried Lehmann erzählt, der mit mir seine Überlegungen zu konzeptionellen Änderungen des 2018er Aprilfestivals debattierte: [link]

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Vorausschauende Planung. Kollektive Kulturarbeit. Jahr für Jahr das Bemühen um eine erkennbare Steigerung inhaltlicher Natur. Das ist im hiesigen Betrieb ein untypisches Bemühen. Lehmann macht sich auf diese Art zu einem Teil jenes geistigen Lebens in der Region, das sich nicht mit einer simplen Selbstrepräsentation begnügen will; im Sinne von: "Achtung, es gibt uns!"

Inhalte. Prozesse. Debatten. Das wiegt in jenem LEADER Kulturprojekt, dessen letzter Projektmonat nun vor uns liegt: "Volkskultur 4.0: Eine Positionsbestimmung" [link] Lehmann will den Juni und Juli 2017 nützen, um sich über die neuen Optionen klar zu werden. Daraus leitet er dann seine Planung für das nächste Aprilfestival ab.

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Danach hat mich Ewald Ulrich besucht. Er ist für das aktuelle LEADER Kulturprojekt verantwortlich. Wir haben den wesentlichen Teil des Vorhabens absolviert und die Verzweigungen für die weitere Arbeit angelegt. Ulrich steht für die Initiative Fokus Freiberg: [link]

Selbstverständlich reden wir schon jetzt darüber: Was hat das Projekt gebracht? Wo führt es hin?

Um es noch einmal zu betonen: Kollektive Kulturarbeit. Das bedeutet, ein Kreis sehr unterschiedlicher Menschen arbeitet einerseits vollkommen eigenständig an den jeweiligen Positionen, greift andrerseits stellenweise zusammen, um in diesem gemeinsamen Vorgehen große Themenstellungen zu bewältigen. Dabei ist im Augenblick der Themen-Fokus auf diese Dreiergruppe gerichtet:

Volkskultur | Popkultur | Gegenwartskunst

Was derzeit das Teilthema Volkskultur angeht, ist eine Anregung von Ursula Glaeser (Kultur Büro Stainz) [link] sehr wesentlich geworden. Sie widmet sich schon geraume Zeit den Klein- und Flurdenkmälern des Landes. Wie an andere Stelle notiert, das ergibt ein sehr ausdifferenziertes Codesystem, mit dem nicht bloß religiöse Inhalte erzählt werden, sondern Lokal- und Regionalgeschichte ihren Niederschlag finden. Siehe: [link]

Eine vorindustrielle Form der Info-Sphäre. Wissenschafter Hermann Maurer hat mir diese Annahme inzwischen bestätigt. Der renommierte Informatiker befaßt sich seit Jahrzehnten damit, über welche Medien welche Codesysteme sich für uns Menschen als tauglich erweisen. Er betont übrigens auch gängige Kirchenausstattungen als ein komplexes Kommunikationssystem. (Das werden wir uns noch genauer ansehen.)

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Glaeser, hier in der Pfarrkirche Gleisdorf, hat für diese Themenentwicklung wichtige Anstöße gegeben, die wir in aktuellen Projektschritten zu ordnen begonnen haben. Von diesen alten Formen zur Digitalen Revolution, da liegt noch Neon dazwischen. Schildermalerei, Glühbirnen, Pailletten-Tafeln...

Apropos! Beachtet man oben, was auf dem Foto vor Ewald Ulrich auf dem Tisch liegt, hat man einen Querverweis zu einem Codesystem, das sich bei uns nur bruchstückhaft findet. Es ist ein Klassiker der Architektur-Theorie: "Learning from Las Vegas" [link] von Venturi, Scott Brown und Izenour.

In diesem Buch wurde eine Architektur beschrieben, die vom fahrenden Auto aus rezipiert werden kann. Das empfiehlt gewissermaßen einen Blick auf unsere Straßen. Die Schilderfluten in manchen Orten der Region, zwischen denen die alten Wegmarken, die Wegkreuze, Bildstöcke, aber auch die profanen Mitteilungen zuweilen untergehen, ist frappierend.

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Learning from Las Vegas in Gleisdorf? Es ist fast schon grotesk, wie dicht dieser Straßenabschnitt im GEZ mit Botschaften bepflastert wurde, wobei das Rechteck im Hintergrund eine elektronische Bildwand ist, die mit verschiedenen Motiven und Filmen bespielt wird.

Ein Kameraschwenk würde dann auch noch ein altes Wegkreuz zwischen neuen Werbedisplays zeigen. Eine erdrückende Menge Information am Wegesrand, um die Aufmerksamkeit der Menschen in den Autos von der Fahrbahn abzulenken.

Wäre jetzt noch erwähnenswert, daß Ulrich sehr profunde Kenntnisse über viel ältere Code-Systeme im öffentlichen Raum hat. Er befaßt sich seit Jahren mit vorchristlichen Relikten, die man in freier Natur finden kann. Ein diesbezügliches Gespräch mit ihm machte mir deutlich, wie umfassend, dicht und tief menschliche Mitteilungen in unseren Lebensraum eingeschrieben sind; seit vielen Jahrtausenden ungebrochen.

Ich denke, im Laufe des heurigen Sommers wird einigermaßen klar sein, wie wir innerhalb dieser Community an solchen Themen arbeiten wollen und was daraus an nächsten Schritten entstehen soll. Eine spezielle Gewichtung im Bereich der Volkskultur steht derzeit zur Debatte.

-- [Warum Volkskultur] --


coreresethome
22•17