Blatt #97 | KW 31/2020

Fette Beute: Juli 2020 I

Manche haben Pech, wenn sie besucht werden. Sie bekommen Blumen. Oder eine Flasche Wein. Oder Schoki. Ich hab es besser, ich bekomme kleine Autos. Zum Beispiel ein Schmuckstück aus der Sektion Etceterini. Das bedeutet, eines der besonderen Fahrzeuge, die auf Fiat-Basis entstanden sind, also unter „Fiat etc.“ gezählt werden, daher Etceterini. Mein Neuzugang ist eine Barchetta, ein Stanguellini 1100 Sport, Abteilung „Nur das Nötigste, aber das elegant“.



Noch immer haben nur wenige Menschen Zutritt zu meiner Hütte.
Im Bild: der kleine Stanguellini.

Ergo: ich hatte Besuch von meinem Dottore. Wir gingen auf Tour, um Terrains zu erkunden und über das Leben zu reden. Die Erkundung, das bedeutet, über die Dörfer ziehen und Ausschau halten, was an relevantem Zeugs in Vorgärten, auf Kiesplätzen, hinter Hausecken herumsteht.



Der Dottore redet auch unterm Fahren mit den Händen.

Das wird dann seinerseits zum Thema unserer Erörterungen. Oder der Lauf der Dinge in größeren Zusammenhängen steht zur Debatte. Die Liebe. Die Kinder. Die Digitalisierung. Die letzten Dinge. Wir waren auf dem Weg zu Tom Kada, der einerseits alte Lastwagen restauriert, andrerseits zu einem Beerdigungsunternehmen gehört.

Das kann sich so auswirken: Wir saßen im Leibnitzer Café Elefant. Plötzlich fuhr ein Polizeiwagen mit Blaulicht und Sirene vorbei. Kurz darauf der Notarzt-Wagen. Da rief Tom seinen Vater an und fragte, was sich bei der Feuerwehr tue.



Bissiger Nachfahre der Celica, wird in Graz gebaut.

Ich fragte scherzend: „Haben wir noch Zeit, bis der Notarzt den Tod bescheinigt?“ Tom stellte sein Bierglas ab: „Wenn einer tot auf der Straße liegt, müssen wir sofort hin.“ Interessant! Wir machten übrigens später auch eine Runde auf dem Leibnitzer Friedhof, um ein paar historische Details zu besprechen, die sich an Grabsteinen festmachen lassen.

Das korrespondierte mit einem Gesprächsabschnitt, den wir unterwegs absolviert hatten, als ich dem Dottore kurz die Lage meiner Branche, wie sie sich regional entwickelt habe, erläuterte. Viele Kreative befassen sich nur mit ihren eigenen Befindlichkeiten und meinen, dies seien ausreichend relevante Themen. Die meisten Kunstschaffenden meiner Gegend haben nichts weiter zu sagen. Das mündete in meine Frage: Wie kann man sich nicht für die Welt interessieren?



Unterwegs sind wir auf ein Rudel Corvetten gestoßen.
Dahinter tat sich eine Wunderkammer auf

Ich hab es schon erwähnt: Digitalisierung. Automatisierung. Was blüht uns? Wir diskutieren solche Themen. Der Dottore ist Marketing-Boss bei Toyota. Tom ist Handwerker. Da haben wir guten Gesprächsstoff. Ah ja, was zu erwähnen wäre: diesmal ging es in einem GR Supra über die Dörfer. Muskulöser Nachfahre der Celica.



Zwischendurch ein Bentley, der seine besseren Tage hinter sich hat.

Beim Ein- und Aussteigen bekommt jemand in meiner Größe unweigerlich einen Scheitel gezogen. Drinnen geht’s dann, weil die Langnase ein Double Bubble-Dach hat, wie einst der sagenhafte GT 2000. (Und auch allerhand kleine Abarths.) Das heißt, in Autodach sind zwei große Beulen angeordnet. Raumgewinn.

So konnte ich dann einen weiteren Irrtum aus meiner reichen Sammlung falscher Annahmen ablegen. Ich dachte nämlich bisher, das italienische Wort Bialbero meine dieses Double-Bubble-Dach. Denkste! Bialbero verweist auf zwei obenliegende Nockenwellen = OHC = Overhead Camshaft. Alles klar? (Man müßte Italienisch können.)



Ich teile mit Kada das erhebliche Interesse an Friedhöfen
als historische Info-Sphäre.

Sie ahnen schon, es geht um genau solche Situationen. Da treffen wir uns, haben ganz unterschiedliche Lebenskonzepte und Kompetenzlagen, dabei aber Schnittpunkte, die wir interessant finden. Von da aus läßt sich wunderbar über offene Fragen nachdenken. [Fortsetzung]

-- Fette Beute --

-- [start] --