4. Mai 2025

Von Don zu Don XV


[Vorlauf] Während Don Putin, der alte Geheimdienstler, eher handelt, als Sprüche klopft, gibt uns der Pate von Washington durch sein via Medien kolportiertes Gehabe reichlich Anlaß, unsere eigenen Haltungen zu überprüfen.

Ich staune über die Tendenzen in meiner Umgebung, jemandem psychologische Fernbefunde zu verpassen, was extrem unseriös ist, genauer: völliger Blödsinn. Ich staune auch über das reiche Angebot an Beschimpfungen auf einer nach unten offenen Skala der Niedertracht.

Wer sich im Lager der Menschenwürde wähnt, sollte auch dafür einstehen, daß wir die Würde der Menschen für unteilbar halten, was zwingend bedeutet, selbst Personen wie Don Trump nicht auf solche Arten zu beschimpfen.


Damit schramme ich am nächsten Problem entlang, von dem – wie nun Jahre zeigen – auch das Kulturvölkchen erheblich kontaminiert ist. Die mangelhafte Fähigkeit zu unterscheiden, was a) Argumente zur Person und b) Argumente zur Sache sind. Sie ahnen, was sich da so problematisch verdichtet?

Wenn Sie Don Trump psychologisch beurteilen, obwohl Sie ihm nie persönlich gegenübergestanden haben, ihn als Person beschimpfen und abwerten, haben sie sich selbst eine Spannungsabfuhr gegönnt, sich beim Team Kickl um Aufnahme beworben und nichts Nützliches zum Zustand der Demokratie beigetragen. Der Erkenntnisgewinn solcher Posen ist Null, die Menschenwürde hat dabei verloren.

Meine Position ist klar: Begründen statt verkünden! Also halte ich die Befassung mit Trumps Handlungsweisen für weit aufschlußreicher, was etwa zur Frage führt: Ist Trump in Faschist? Ich meine: ja, das trifft zu. Nicht bloß weil ich das denke, sondern weil es a) dafür Kriterien gibt, b) einen laufenden Diskurs sachkundiger Personen.



(Quelle: ORF)

Journalist Sidney Blumenthal war im Guardian noch eher zurückhaltend. Er notierte an einer Stelle: „Das Podium bilden die Milliardäre seiner neuen Oligarchie, die Steve Bannon als ‚Techno-Feudalismus‘ bezeichnete.“ [Quelle] Bemerkenswert, da in den USA die vom Boss geduldete Oligarchen nicht bloß sehr reich werden, sondern auch Politik machen dürfen.

Das wäre bei Don Putin undenkbar. Ein Oligarch, der dort nach politischer Macht greifen wollte, würde mit seinem Leben spielen. Simon Tisdall war – ebenfalls im Guardian – weniger zurückhaltend. Tisdall nannte Trump einen Tyrannen und beschrieb, was mit diesem Begriff gemeint ist. Er leitete ein: „Tyrants like Trump always fall – and we can already predict how he will be dethroned“.

Das läßt mich an Politikwissenschafter Gene Sharp [Link] denken, der Strategien entwickelt hat, wie man Tyrannen gewaltfrei entgegenstehen kann: „The Politics of Nonviolent Action“. Die wesentlichen Methoden, von denen Sharp meinte, man müsse sie gründlich üben, um sie tauglich anwenden zu können: Gewaltfreier Protest und Überzeugung, Soziale Nichtzusammenarbeit, Wirtschaftliche Boykottaktionen, Streikaktionen, Politische Nichtzusammenarbeit und Gewaltfreie Intervention. (Sie ahnen vielleicht, das schließt auch Gewalt durch Sprache aus.)

Historiker Timothy Snyder kam im New Yorker klar zur Sache. Er qualifiziert Trump und Putin unmißverständlich als Faschisten. “A fascist is unconcerned with the connection between words and meanings. He does not serve the language; the language serves him. When a fascist calls a liberal a 'fascist', the term begins to work in a different way, as the servant of a particular person, rather than as a bearer of meaning.” [Quelle]

+) Stahlgewitter (Zum Krieg)

Postskriptum
Trump ist mir noch nie durch Selbstironie aufgefallen. Wenn er also erstens meint, grundsätzlich „Wahrheit“ zu verkünden, so der Titel seiner Social-Media-Leiste, sich dabei zweitens als Papst kostümiert und seinen Zeigefinger reckt, wie das meist radikale Moslems tun, wenn sie predigen, muß ich das nicht psychologisieren. (Eine unzulässige Ferndiagmose.) Es reicht völlig, diesen Auftritt politisch zu interpretieren. [Fortsetzung]



[Kalender] [Reset]