20. Dezember 2009

Immer noch Winter, jetzt sogar mit Sonne. Das sind mir recht manierliche Zustände. Nachdem ich in nächster Zeit sowieso ein anderes Auto an meine Nummerntafeln schrauben muß, sind mir die Frost- und Rostvorfälle egal.

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Das Beste ist im Moment an all dem freilich die Stille. Eine wesentlich weichere Stille als an anderen Sonntagen. Ich hab zur Abwechslung die Kirchenglocken verschlafen, deren sonntägliches Rumoren um sieben Uhr das erste Mal an einem rüttelt, um acht Uhr das zweite Mal, als hätte man keinen Bedarf an Sonntagsruhe. (Und da reden mir manche Leute was von Muezzinen.)

Das Durchorganisieren des Tages. Diese ideologische Konstruktion ist ja wiedergekehrt: Der faule, arbeitsscheue Mensch. Davon erzählen die Glocken vor allem. Daß die Herrschaft einst viel erdacht hat, um sich das Volk nutzbarer zu machen. Die Glockenschläge als Vorläufer der Fabrikssirenen.

Naja. Sonntagsarbeit. Das wird heute sehr ernst. Nein, spaßig. Nein, staubig vielleicht. Der Tag von "in medias keks", wo unsere Gastdozentin Ida Kreutzer den aktionsbezogenen Auftakt des "Kuratorium für triviale Mythen" [link] gestalten wird.

Da Bernhard Kober und ich (boys will be boys!) diese ausgeprägte V8-Neigung haben, nicht im realen Leben, aber in unseren Phantasien, ist dieser Akzent bewußt leiblich gewichtet, nicht für und nicht gegen Weihnachten, sondern einfach richtig.

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Selbst im Kongo sitzen zu groß geratene Buben mit kuriosen Neigungen, V8-Anfälligkeiten, was sich etwa in diesem Deuce Roadster ausdrückt, einem 1932er Ford in Hot Rod-Version. (Frag mich wer, warum die tief gelegte Schüssel High Boy genannt wird; das ist eben so.)

Heute also unser Keks-Symposion und meine Genügsamkeit, mich zu freuen, wenn mein betagter Dreier-Golf die Auffahrt zum Pölzer'schen Anwesen schafft. Aber da wären auch noch ernstere Dinge.

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Ich hab gestern Robert DeNiro erwähnt, der auch einmal ein junger Kerl gewesen ist. Aus jenen Tagen ist diese Albtraumgeschichte erhalten. Travis Bickle wird von seiner eigenen Krise verschlungen. Der ist fast sprachlos und recht wenig in der Lage, sich selbst und andere zu verstehen.

In dieser Ausweglosigkeit zwischen Einsamkeit, Pornofilmen und nächtlichen Taxifahrten erwächst im Ratlosen ein vom Ekel geschüttelter Zorniger. Diese Ladung muß sich natürlich entladen. Das geschieht letztlich mit einer erschreckende Feuerkraft.

Martin Scorsese hat 1976 ein Skript von Paul Schrader umgsetzt: "Taxi Driver". Wir kennen solche Leute, wie den verstummenden Travis Bickle, der die Welt bloß noch zu ertragen scheint, wenn er ihr mit Gewalttätigkeit antworten kann.

Eben las ich: "Vater wollte vier Kinder und sich selbst töten" [Quelle: ORF] Der Idiot hat (s)ein fünfjähriges Kind mit einem Bastelmesser schwer verletzt. "Auslöser für die Tat gegen 3.00 Uhr war die Ankündigung der Ehefrau, dass sie den Mann verlassen wolle."

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Dabei war kurz davor erst diese Meldung durchs Land geflattert. [Quelle: Die Presse] Es ist verlockend, in diesen Dingen Pathologien zu unterstellen. Aber in Wahrheit hängen wir Burschen da alle mit drinnen. Es ist unsere "Normalität". Es ist eine bestehende Männerkultur. Die hätschelt, pflegt und stilisiert Posen, in denen Souveränitätsverlust mit Blut abgewaschen werde muß.

Das spiegelt sich auch auf ganz anderen Feldern. Was haben wir dieser Tage über die Kärntner Vaterländischen zu staunen gehabt! Ein wirtschaftliches und politisches Desaster. Aber die Buberln feiern den Status quo, feiern sich selbst, formieren neue Allianzen und gerieren sich als Gewinner. Siehe: >>Man konnte ein "gutes Ergebnis für Kärnten" erzielen ...<< im Eintrag vom 15. Dezember 2009!

Es ist der gleiche Groove, die gleiche Männerkultur, die uns nahelegt, das Scheitern nicht als Erfahrungsgwinn, sondern als Untergang zu deuten. Da bleiben dann oft nur noch Reaktionen wie Flucht nach vorne, Angriff, mit Volldampf in genau jenen Untergang, den man mit solchen Gewaltakten zu tilgen versucht.


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