Ob nun jemand in der Kunst Freelancer ist oder einen
„Brotberuf“ ausübt, macht im Standing einen
erheblichen Unterschied, ist aber eine soziale
Kategorie, keine der Kunst. Ich habe eben erst bei
einem Kulturtreff in Gleisdorf eine Künstlerin aus
der Pichelsdorfer Kulm-Clique betonen gehört, „Fair
pay“ sei auch in der Kunst nötig.
Das taugt
nicht einmal als Idee etwas. Wie sollte sowas
realisiert werden? a) Der Staat gibt mir eine
gewisse Abnahmegarantie für meine Werke? b) Der
Staat legt mir was drauf, wenn ich ein Werk auf dem
Markt veräußern konnte? c) Der Staat bietet mir
einen geschützten Arbeitsplatz in der Kunst? d) Der
Staat holt mich an Bord und weist mich einer
politischen Kraft zu, so wie Erzherzog Johann von
Österreich vor etwa 200 Jahren seinen Hofkünstler
hatte, der ihn auf den Reisen nach England
begleitete?

In der Gegend herumstehen und
bedeutungsschwanger dreinschauen reicht
natürlich nicht. (Im Bild eine Arbeit von
Resanita.)
Ich fasse noch einmal zusammen: Der Markt
Österreichs gibt es nicht einmal ansatzweise her,
daß auch nur ein Bruchteil vorhandener
Kunstschaffender bloß aus künstlerischer Arbeit ein
adäquates Jahreseinkommen beziehen könnten. Über 90
Prozent von uns müssen auf andere Art ihren
Broterwerb regeln. (Ich kenne übrigens keine
Branche, in der Produzentinnen und Produzenten eine
Abnahmegarantie bekommen. Wer sollte das bezahlen
und warum?)
Wir haben verschiedene Modelle,
wie der Staat Härten der Marktsituation ein wenig
kompensieren kann, weil es notwendig ist, daß eine
Gesellschaft in ihr geistiges Leben investiert.
Daher ringen wir immer wieder darum, vorhandene
Modelle zu verbessern. Es ergibt aber noch immer
keine Abnahmegarantie und Existenzsicherung für all
jene, die in der Kunst leben möchten.
Das
bedeutet, die verfügbaren Ressourcen unterliegen
einer Verteilungswettkampf. Wären wir, wie gerne
dahergeredet wird, „eine Szene“, in der auch bloß
der Hauch jener „Solidarität“ bestünde, von der
gerne geschwafelt wird, würden wir als Kräfte eines
bedeutenden Metiers mindestens zweierlei tun.
Erstens viel Grips darauf verwenden, um die
bestehenden Kofinanzierungsmodelle zu verbessern,
und zweitens über Maßnahmen zur
Verteilungsgerechtigkeit reden.

Letzte Festung:
Selbstrepräsentation. Und dann? (Im Bild
eine Arbeit von Gustav Zankl.)
Bei dem erwähnten Künstlertreff hab ich einen
Kunsthandwerker poltern gehört, es ginge zu viel
Geld zum Sport und zur Rüstung, wir bräuchten
überhaupt keine Gewehre, von dort sollten Budgets
zur Kultur geholt werden.
Hätte ein
Zwanzigjähriger vor vierzig Jahren so argumentiert,
wäre mir klar gewesen, der hat noch keinen Tau von
Kulturpolitik und träumt von warmen Eislutschern,
statt sich sachkundig zu machen und dann politisch
fundiert zu argumentieren. Wenn das heute jemand
tut, der seinen 60. Geburtstag längst abgefeiert
hat, unterwegs alle gehabten Diskurse ignorieren
mochte, muß ich annehmen, ich sitze mit einem
Dummkopf am Tisch.
Wir, die wir in der Kunst
leben, sind also am allerwenigstens „eine Szene“,
sondern ein völlig fragmentiertes Milieu von sozial
ganz unterschiedlich aufgestellten Leuten,
weltanschaulich und künstlerische in diversen
Cliquen zuhause, die nach meiner Erfahrung
bestenfalls zusammengreifen, wenn es darum geht, der
Regierung eine Protestaktion zu liefern. Ich
fürchte, das reicht für gar nichts. Da sollten auf
der Höhe der Zeit nächste Strategien erdacht und
erprobt werden. [
Fortsetzung]
+)
Kulturpolitik (Eine Debatte)