8. Juli 2025

Hurra, wir sind Bachmann! VI


[Vorlauf] Als der Staat seinerzeit begonnen hatte, alle Selbstständigen per Pflichtversicherung durchzurekrutieren, gingen nicht bloß eine Menge Kunstschaffender pleite. Viele Freelancers scheiterten am Modus, von dem selbst der damalige SVA Vorsitzende Peter McDonald offen sagte, das sei kein gelungenes Modell.

Angestellte haben meist keine Vorstellung, wie sehr man bei unregelmäßigem Einkommen wiederkehrend mit dem Finanzamt und der Sozialversicherungsanstalt um eine stabile Situation ringt. Es reicht, daß einem hier ein Projekt und somit das Honorar flöten geht, daß einem dort ein einziger Buchungsfehler passiert…



Das Trostpotential von Glückskeksen hat so seine Grenzen.

Und wenn man unterwegs aus der Kleinunternehmer-Regelung herausfällt, kann das zum Fiasko werden. Da reicht schon ein kleines Honorar zu viel im Kalenderjahr. Ich spare hier meine eigenen Erfahrungen aus. Nur so viel, ich konnte erst heuer einen Kredit tilgen, der nun über Jahre lief, weil ich mich mit Finanz und SVA in eine anstrengende Dynamik verwickelt hatte.

Wenn man sich von einem geschäftlichen Tief erholt, geht ein großer Teil dessen, was man neu einnimmt, gleich an diese zwei Institutionen weiter. Es bleibt bitter, wenn man bei entsprechender Qualifikation und mit den Jahren netto nicht einmal das Einkommen eines Mittelschullehrers schafft. Aber so ist eben die Branche. Eine harte Tour.



Ich rede gerne über Geld. (Weil ich eher wenig hab.)

Daher lassen sich Legionen Kunstschaffender finden, die wenigstens eine geringe Anstellung gesucht haben, um genau diese Bürde loszuwerden. Es bleibt dann im Kulturbetrieb und auf dem freien Markt ohnehin noch genug zu kämpfen. Ich lehne es allerdings strikt ab, in den Chor mit dem Lied von der „Selbstausbeutung“ einzustimmen.

Erstens hat Selbstbestimmung natürlich einen Preis. Wer hätte sich für rund 50 Jahre annähernd so viel Autonomie sichern können, wie es mir gelungen ist? Kein Boss, der mir was anschaffen konnte. Dafür jedoch soziale Unsicherheit. Selbstbestimmung gibt es nicht geschenkt.



Beispiel: Feines Projekt, aber kein G'schäft, das den Aufwand deckt.

Zweitens hat mich niemand mir vorgehaltener Knarre gezwungen, diesen Beruf auszuüben. Drittens kenne ich keine Branche, für deren Produkte, Waren, Dienstleistungen es irgendeine Abnahmegarantie gibt. Folglich kenne ich existenzielle Nöte. Aber das ist mein unternehmerisches Risiko.

Über Leistungen, wahlweise Belastungsminderungen von staatlicher Seite her können wir ja diskutieren, verhandeln, auch streiten. Doch genau weil wir keine „Szene“ sind, über gemeinsame Interessen, soziale Erfahrungen und Ethos miteinander verbunden, kommt da im Metier kaum was voran. Zu fragmentiert.

Zumal ein guter Teil meiner Kolleginnen und Kollegen diese oder jene Variante einer „Grundversorgung“ hinbekommen und kleine Jobs gefunden hat. Andere haben „gut“ geheiratet und werden von ihren Frauen durchgefüttert. Bei manchen tragen die Eltern noch was bei. Einige leben mit einer Mindestsicherung sehr genügsam. Da gibt es viele Varianten. Ich werde in der nächster Glosse ein paar Beispiele bringen. [Fortsetzung]

+) Kulturpolitik (Eine Debatte)


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