Ich weiß aus eigener Erfahrung und sehr
unfreundlicher Begegnung, daß man es jemandem nicht
unbedingt anzusehen vermag, wenn er oder sie gerade
den Verstand verliert. Damit meine ich eine
Stalking-Erfahrung, die in jüngerer Vergangenheit
mein Leben beschädigt hat. Durch eine Frau, die ich
davor nicht gekannt habe. Sie hatte mich über
Kriterien, die mir unklar sind, als geeignete
Zielperson identifiziert und sich konsequent in mein
Leben geschraubt.
Spätestens durch die
Mitteilung, daß sie mich für einen König hält, der
ihr drei Königskinder zeugen werde, um mit ihr ein
eigenes Reich aufzubauen, machte mehr als deutlich,
daß wir keine gemeinsame Realität bewohnen. Und das
waren noch die moderatesten Hinweise auf ihre
Abweichung wovon auch immer. („Normalität“ ist eine
äußerst trübe Kategorie.)
Gehen Sie ferner
davon aus, daß ich Todesnähe aus eigenem Erleben
kenne und daher genau weiß, welcher Schrecken sich
dadurch in einem einnistet, um nicht mehr zu
weichen. Wer so eine Bedrohung überlebt, kann nicht
mehr an die Stelle zurückkehren, an der er oder sie
vorher gelebt hat. Es ver-rückt einen in der Welt.

(Quelle: ORF)
Ich hab hier zwei Gründe skizziert, weshalb ich
mich nicht für einen Verbrecher interessiere, der in
seine Privatmythologie abgetaucht und von da
bewaffnet zurückgekehrt ist, um Menschen zu
ermorden. Ich kann mich nur mit den Konsequenzen
befassen, soweit ich mich davon berührt fühle.
Etwa damit, daß sich solche individuellen
Entwicklungen eher nicht verläßlich stoppen lassen,
weil sie sich offenbar großteils unter dem Radar der
Umgebung entfalten. Aber wir könnten als
Gesellschaft solche Felder gewiß erheblich
eingrenzen, wenn wir kollektiv sehr konsequent den
Gewaltverzicht als Ideal stärken würden. Nicht über
Predigten und Aufrufe, sondern durch praktisches
Handeln.
Das ist bis heute nicht der Fall, wo
innerfamiliäre Gewalt in epidemischem Ausmaß boomt,
wo Gewalt gegen Mädchen und Frauen Standard ist;
ebenso Gewalt durch Sprache, was uns die aktuelle
Mediensituation laufend veranschaulicht.

Ein Beispiel für den obszönen
Mißbrauch des Vorfalls (Quelle:
standpunkt.press)
Ich meine, darin konsequenter zu sein, kann
Pathologien nicht abstellen. Aber es trägt sicher
dazu bei, sie nicht auch noch anzureichern. Was den
Täter angeht, würde ich es freilich vorziehen, daß
eine ganze Gesellschaft deutlich macht:
„Wenn Du
ein solches Verbrechen begehst, werden Dein Name,
Dein Gesicht und Deine Geschichte verläßlich aus dem
kollektiven Gedächtnis dieser Gemeinschaft gelöscht.
Wir werden uns danach nur mit den Konsequenzen des
Falles und nicht mit Dir befassen. Mit Deinen
Schüssen löschst Du Dich selbst aus unserer
Wahrnehmung und unserem Interesse vollkommen aus,
als hätte es Dich nie gegeben.“Wie weit
wir davon entfernt sind, zeigt allein die Tatsache,
daß ich mir im Web mühelos Informationen über die
Bewaffnung des Amokläufers und ein Foto dieser
Person beschaffen konnte.
Hier haben also
Wichtigtuer und Dummköpfe dazu beigetragen, daß
dieser Weg ins Herz der Finsternis als ein Lohn für
gehabten Kummer gedeutet werden kann, statt zu
unterstreichen, daß dies ein Weg ins Nichts ist, der
einen – wie oben erwähnt – verläßlich aus dem
kollektiven Gedächtnis unserer Gemeinschaft löscht. [
Fortsetzung]
+)
Politik (Eine Debatte)
PostskriptumIch frage nebenbei, ob ich
bei uns je von einer Frau auf so einem Mord-Trip
gehört habe und ob der Attentäter mit Knarre und
hoher Feuerkraft womöglich emblematischer Ausdruck
einer vorherrschenden Männerkultur ist.