Wer terroristisch handelt, ist für mich in seiner
Geschichte und seinen Motiven völlig uninteressant,
denn das ist Zivilisationsbruch. Ich meine, eine
passable Strategie gegen Terror ist dieses
Versprechen:
„Du wirst nicht in die Geschichte
eingehen. Niemand wird wissen, wer Du bist oder
warst.“ Jene bedenkenlosen Voyeure, die sich in den
letzten Tagen mit der Verbreitung von Täterbildern
wichtig gemacht habe, assistieren demnach einem
Terroristen, tragen bei, dessen Ziele zu erfüllen.
Ich wünschte, es wäre in unserer Kultur längst
selbstverständlicher Standard, daß ein Terrorakt
(mit dem Ziel der Öffentlichkeitswirksamkeit)
unausweichlich dazu führt, den Täter, seinen Namen,
sein Gesicht, seine Geschichte und seine „Botschaft“
umgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung zu
löschen. (Es bleibt ja mit der Bewältigung der Tat
genug zu tun.)
Während es befugten
Fachkräften obliegt, sich nach der Attacke mit dem
Täter zu befassen, könnte unsere Gesellschaft alle
Kraft darauf verwenden, so ein Verbrechen
unerbittlich als Schandtat zu markieren, das den
Attentäter so dicht in Schande einhüllt, daß
öffentlich nichts von ihm erkennbar bleibt.

Die Bedrohung als vermeintlicher
Souveränitätsakt.
Das müßte übrigens auch diese wichtigtuerischen
Voyeure mit einem Makel versehen. Ich meine, es wäre
im gesamten Spektrum von Gewalttätigkeit eine
nützliche Entwicklung, gewissermaßen neuer Ethos:
Das Zuschlagen schändet das Opfer, aber bedeckt den
Angreifer mit Schande. So eine Markierung ist in
unserer vorherrschenden Männerkultur noch nicht
einmal in Griffweite.
Und da spreche ich als
Insider, denn ich habe diese Bilder selbst in mir.
Das Herstellen von Souveränität und Unantastbarkeit
durch notfalls Gewaltanwendung. Der Stolz, durch
Wehrhaftigkeit. Auch durch die Gewißheit, man könnte
anderen Menschen bei Bedarf zur Bedrohung werden und
ihnen dadurch eine Verhaltensänderung aufzwingen.

Dienst am Boulevard: Miserable Prosa
werte ich als Ausdruck
von inhaltichen
Defiziten. (Quelle: ORF)
Das ist altes Kulturgut, wie auch die Knarre
nicht bloß Waffe, sondern ebenso Fetisch ist.
Gewaltandrohung, ideologisch verbrämt, erweist sich
als österreichischer Alltag in dieser Epidemie
innerfamiliärer Gewalt, über die nicht gerne
gesprochen wird. Ferner in der häufigen Gewalt gegen
Mädchen und Frauen, maximal in den Femiziden. Die
Steiermark ist darin, wie auch in Selbstmorden, ein
höchst aktives Gebiet.
Jemanden zu ermorden,
das ist eine Sache. So ein Verbrechen aber an eine
Gesellschaft zu adressieren, um Schrecken zu
verbreitet, also einen Terrorakt zu setzen, öffnet
eine ganz andere Dimension. [
Fortsetzung]
+)
Politik (Eine Debatte)