Mein Faible für das Durchstreifen des Gestrüpps, wie
ich es gestern notiert hab, hängt genau damit
zusammen. Ich übergebe mich kurz einer anderen
Ordnung. Das schafft wohltuende Kontraste vieler
Art. Und sei es allein, daß meine Wahrnehmung für
Bereiche außerhalb von mir wieder munterer wird.
Das trifft nicht bloß auf Waldstücke zu. Ich
kann mich gleichermaßen für verlassene Bauten
begeistern, die massiv verkörpern, was mich daran
interessiert. Die Zustandsveränderung, wenn
menschliches Wollen Pause macht. Und mehr noch, wenn
eine Hütte abgerissen wird. So wie es gerade mit
einem stattlichen Gebäudekomplex am Rand des
Gleisdorfer Stadtzentrums geschieht.
So oder
so tun sich dabei spontane innere Prozesse auf, die
von diesem Äußeren getriggert werden. Das zeigt dann
auch visuelle Sensationen, birgt für Momente
bemerkenswerte ästhetische Qualitäten, die sehr
flüchtig sind. Solche Settings verschwinden bei
einem Abriß-Ensemble sehr schnell wieder, weil ja
der Platz gebraucht wird.

Man könnte sagen, es ist eine Schule der
Geläufigkeit des Geistes. Außerdem
werfen solche Betrachtungen Fragen auf.
Die imposanten Gerätschaften für den
Abriß lassen etwa daran denken: Natur
und Technik, eine Dichotomie? Ich glaub
es nicht. Was immer wir Menschen
konstruieren und bauen, es bleibt an die
Naturgesetze gebunden. Ich sag gerne:
„Mit der Natur kannst du nicht
verhandeln.“All dieses Tun,
soweit Menschen es kontrollieren, muß
sich innerhalb der Newton’schen Physik
entfalten, kann deren Grenzen nicht
überschreiten. Im Jahr 2015 hatte ich
für eines unserer Projekte Überlegungen
zu
„Die Ehre des Handwerks, das
Gewicht der Kunst, der Geist in der
Maschine“ angestellt. [
Quelle]
Ein Themenhorizont, der das Motiv
„Renaissance 2.0“ berührt. Diese Begriff
hab ich von Peter Weibel bezogen.

Weibels Auffassung von einer
„Exo-Evolution“ schließt ja
diese gedachte Lücke
zwischen Natur und Technik.
In meinem oben zitierten
Logbuch-Eintrag vom 8.
Dezember 2015 finden sich
auch folgende Punkte
notiert, die ich heuer
wieder aufgreifen will:
+) Wie entsteht Neues?
+) Wie reflektiert man
Wandel?
+) Wie sorgt man
für die Zukunftsfähigkeit
einer Region?
+) Wie
steht es um unsere
Fehlerkultur und eine Kultur
des Nichtwissens?
Tags davor hatte ich Weibel
im Logbuch so zitiert:
„Der Künstler der Moderne
hat sich vorwiegend nur
selbst ausgedrückt, er war
auf der Suche nach dem Ich
oder der Eigenwelt der
Darstellungsmittel. Der
Künstler des 21.
Jahrhunderts ist auf der
Suche nach der Welt. Ihm
geht es um Welterfassung und
Welterschließung, nicht nur
um Selbsterschließung.“
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